Der Emissionsnebel Messier 8 (M 8) befindet sich auf einer Deklination von rund -24°. Daher kommt er in Mitteleuropa (50° nördl. Breite) bei Kulmination im Süden maximal auf 16° Höhe über dem Horizont. Bildlich gesprochen steht er dann immer noch horizontnah "in dicker Luft". Ideal für die Beobachtung ist daher das südliche Afrika. In Zentralnamibia beispielsweise (24° südl. Breite) steht M 8 bei Kulmination 50° + 24° = 74° höher als bei uns, d.h. in Zenitgegend, wo die physikalisch ungetrübteste Durchsicht durch die Atmosphäre vorliegt. Bildautor Mario Richter nahm sich im Zeitraum Mai/Juni 2018 auf der Astrofarm Tivoli das Himmelsfeld um M 8 vor. Mit einem Apochromaten Takahashi FSQ 106 ED (Öffnung 106 mm, Brennweite f = 530 mm) und einer DSLR Canon EOS 60D belichtete er 32 x 480 s bei ISO 400. Das Bildfeld beträgt damit 144,7' x 96,4' und Norden liegt auf ca. 11:30 Uhr.
Und so können wir uns nun ausführlich den astronomischen Fakten und den Bilddetails widmen. M 8 liegt im Sagittarius-Carina-Arm der Milchstraße, recht nahe am galaktischen Zentrum. Es handelt sich um ein junges Sternentstehungsgebiet, das von einem sehr großen Emissionsnebel umgeben ist. M 8 bzw. NGC 6523-30 ist eine der hellsten HII-Regionen am gesamten Himmel. Weitere Katalogisierungen erfolgten auf der irdischen Nordhalbkugel: [GS55] 126 (V.F. Gaze und G.A. Shajn 1955 am damals noch russischen Krim-Observatorium), W 29 (Gart Westerhout 1958 mit dem niederländischen 25-m-Radioteleskop in Dwingeloo), Sh2-25 (Steward Sharpless 1959 anhand der Schmidtaufnahmen des Palomar Observatory Sky Survey, POSS) und LBN 25 (Beverly T. Lynds 1965, ebenfalls anhand der POSS-Aufnahmen). Katalogisierungen auf der Südhalbkugel waren: der Gum-Katalog von HII-Regionen (Colin S. Gum 1955 am Mount Stromlo Observatory) sowie der RCW-Katalog der H-alpha-Regionen von A.W. Rodgers, C.T. Campbell und J.B. Whiteoak, ebenfalls am Mount Stromlo entstanden und 1960 publiziert. Nach diesen beiden Katalogen trägt M 8 noch die Bezeichnungen Gum 72 und RCW 146.
Der populäre Name „Lagunennebel“ bezieht sich auf eine faserige Dunkelwolke nahe der Mitte von M 8, die hier im kräftig belichteten Bild aber kaum auffällt. Sie ist angedeutet im Zusatzbild 1, welches die Objekte in und um M 8 herum namentlich markiert zeigt.
HII-Regionen werden immer durch massereiche Sterne im Inneren zur Emission angeregt. Hier ist es der sehr junge offene Sternhaufen NGC 6530, dessen Alter auf 2 – 4 Mio. Jahre geschätzt wird. Etwas außerhalb des Sternhaufens gibt es noch die beiden starken UV-Strahler HD 165052 mit dem Spektraltyp O6.5V und V = 6,87 mag, sowie 9 Sagittarii mit dem enormen Spektraltyp O4V und V = 5,97 mag. Die Gaia-Parallaxen beider Sterne (die die Hauptanregungsenergie für M 8 liefern) erlauben dann die Berechnung ihrer Entfernung und somit auch von M 8 zu rund 4100 Lichtjahren (im Mittel).
Den hellsten Teil von M 8 bildet die Zone um den so genannten "Stundenglasnebel" (engl. zwei Wörter: hourglas nebula). Das Zusatzbild 2 zeigt ihn, aufgenommen im nahen Infrarot mit dem PanSTARRS-Teleskop von 1,8 m Öffnung. Sehr schön kommen die Details des Nebels heraus, der eine Ausdehnung von 15'' Breite und 30'' Höhe aufweist. Direkt westlich der "Eier-Uhr" befindet sich Herschel 36 (Her 36SE), ein spektroskopischer Doppelstern von V = 10,4 mag. Mit seinem Spektraltyp O7.5-8 ist er der hellste Stern im Haufen NGC 6523. Dieser lockere Sternhaufen liegt im Bereich des Stundenglasnebels und hat eine Gaia-Entfernung von 4210 Lichtjahren. Das zeigt zusammen mit den Werten von HD 165052 und 9 Sgr, dass M 8 auch eine räumliche Tiefe besitzt.
Im Nordostbereich von M 8 erkennt man einen kleinen blauen Reflexionsnebel, das ist IC 4678. Zwei Sternchen sind in ihm: zentral CD-23 13906 vom Spektraltyp OB sowie der hellere, gelbliche K1-Stern HD 165345. Während der blaue Zentralstern auf ca. 4000 Lichtjahre an Distanz kommt, steht uns der gelbe HD 165345 rund 1000 Lichtjahre näher. Er trägt also nichts zur Farbgebung von IC 4678 bei.
Der gesamte Berich östlich im linken Bildbereich gehört morphologisch zum M8-Komplex. Er ist recht vielgestaltig mit unterschiedlichen Nebelhelligkeiten und -farben. Die ersten Surveys zeigten noch nicht die Zusammengehörigkeit zu M 8, weil das verbindende Rot damals noch nicht so stark herauskam. Radioastronomisch wurde auf der Krim in den 1950er Jahren das Gebiet Simeis 188 entdeckt, später von Gase und Shajn als [GS55] 130 fotografisch erweitert. Im Zusatzbild 1 sind zahlreiche unterschiedliche Katalognummern markiert. Wir sehen: auch der NGC und Sharpless haben ihren Anteil. Alles wird von tiefen Dunkelwolken umrahmt (Dobashi- und LDN-Nummern).
Anmerkungen: Mit einer DSLR einfach nur 4 h 16 min lang belichtet und anhand der Sternfarben recht gut kalibriert - so gefällt mir persönlich die Nebelszenerie sehr gut! Einen herzlichen Dank für diese gefällige Bildeinsendung, und dazu die Gratulation des AdM-Teams.zum ersten AdM des Jahres 2025.
Peter Riepe
Bildautor: Mario Richter
Koordinaten von M 8 (J2000):
RA = 18 h 03 min 37 s, DEC = -24° 23' 12''
Vollbild unter: https://www.astronomie.de/aktuelles...on-messier-8-und-ihr-oestliches-nachbargebiet
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