Koalition zwischen H-beta und OIII

StKorth_privat

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Nachdem ich gestern Abend nach dem Badminton noch meinen 12"-Dob im Vorstadtgarten aktiviert hatte, standen zunächst ein paar Doppelstern auf dem Programm. Mehr dazu vielleicht später, schlummert alles noch auf dem Diktiergerät...
Als ich damit durch war und mich zwischenzeitlich in unserem Kellerwohnzimmer bei einem Blick in die Wahlkampfarena aufgewärmt hatte, musste ich nun bei meiner Deep-Sky-Arena wieder an den Start: H-beta vs. OIII!
Ich habe mir viel Zeit gelassen, auf dem Zettel standen:

- NGC 2174 = Affenkopf-Nebel
- Sh 2 - 261 = Lowers-Nebel
- Abell 21 = Medusa-Nebel
- Abell 31

Zum Einsatz kam mein Nagler 31mm - Glasbaustein (48x)

NGC 2174: Gut und einfach im OIII-Filter, sehr diffuse und leicht fleckige Aufhellung. Durch H-beta-Filter wirkt der Kontrast noch etwas besser, der Westrand ist etwas schärfer.
Sh 2 - 261: Geht hier unter Meerbuscher Himmel nur indirekt, ist ein schwieriges Objekt für mich. Mit OIII-Filter am Rande der Wahrnehmung, mit H-beta-Filter aber drängelt sich das Teil aus dem Himmelshintergrund hervor. Der Nebel ist nicht ganz gleichförmig, sondern leicht wolkig, der südliche Part ist etwas helle.
Abell 21: Da kommt H-beta gar nicht zum Zug, aber im OIII-Bild ist der Nebel sofort zu packen, auch mit direktem Sehen. Man erkennt eine diffuse, nach Westen offene "Wurst", prima!
Abell 31: No chance, da habe ich mir wohl zu viel vorgenommen - nix zu machen...

Wenn es in den kommenden Tagen noch klar bleibt, dann stehen auch noch ein paar Sternhaufen auf dem Plan, die gehen von hier aus immer ;-)

CS,
Stefan Korth
 
Hallo Stefan.

Das war gestern aber schon ganz schön kalt, um welcher Uhrzeit hast die unter die Lupe genommen.

Dein Bericht gefällt mir, je nach Zeit mu6ich die auch dem nächst beäugeln.

Manfred
 
Hallo Stefan,

ein inspirierender Beobachtungsbericht, trotz der Kälte!

Abell 21 (Sh2-274) Medusa-Nebel
Die Auflösung der beiden Bögen ließ mich warten, and dann war es am 13. Februar 2023 sogar durch das 15x85 Fernglas mit den OIII Filtern problemlos.

Abell 31 (Sh2-290)
Dieser hat sich nur indirekt sehen lassen, als eine unregelmäßig und sehr schwach leuchtende Scheibe:
30. März 2019, 152mm F/5 achro, Leica L 32mm Okular, OIII filter.

LG,
Jiri
 
Hallo Stefan,

großartig, wie respektlos du dich stellenweise sehr schwachen galaktischen Nebeln näherst. Und das vom Meerbuscher Himmel. Absolut vorbildlich und ein Zeichen, dass man von dort auch anspruchsvolle Objekte erhaschen kann.

Zu den Objekten:

NGC 2174 ist tatsächlich ein Mischnebel, der auf [OIII] und Hß geht. Bekannt ist der Nebel aber eigentlich für seine [OIII] Reaktion. Bist du dir sicher, dass du die Filter richtig zur Wirkung zugeordnet hast? Auf jeden Fall ein sehr dankbares Objekt und trotz seiner Helligkeit und einfache zu findenden Stelle, kaum beachtet.
Ich schaue selbst immer wieder gern drauf, selbst mit Handferngläsern wunderbar zu sehen. Kann mich noch gut an meine historische Beobachtung mit 20x125 und Breitbandfilter erinnern. Im 27" natürlich eine ganz andere Hausnummer.

Dass du Sh 2-261 sehen konntest, beeindruckt mich wirklich. Das Objekt ist selbst unter Voralpen nicht einfach. Visuell liest man ganz selten von Beobachtungen. Dein 12" scheint aber ein ideales Gerät für das Objekt zu sein. Hß ist aber tatsächlich der Filter der Wahl, so zumindest meine Erfahrung, wenn es um die Erfassung des gesamten Objektes geht.
Im 6" bei etwa 3° Feld ist das Objekt wunderbar "gefasst", aber wie schon geschrieben visuell anspruchsvoll. Im 27" waren die zentralen [OIII] Strukturen zu erfassen, das Objekt als Ganzes war nur mit Mühe zu erfassen.

Abell 21 ist berüchtigt, aber selbst mit kleinsten Öffnungen sichtbar, wenn es die Bedingungen zulassen. Dass das Objekt auch unter lichtverschmutzten Himmel visuell gut zu erfassen ist, zeichnet deine Beobachtungsgabe aus und dient gleichzeitig als "Mutmacher" für Leute unter hiesigen Bedingungen. Danke für die Erwähnung des Objektes.

Abell 31 hätte ich tatsächlich einfacher eingeschätzt, als Sh 2-261. Unter guten Himmel ist das Objekt jedenfalls dankbarer, mit praktisch allen Öffnungen. Wenn du Sh 2-261 gesehen hast, war eine positive Beobachtung von A 31 nicht mehr weit entfernt. Bleib da mal dran, das könnte nach meiner Einschätzung absolut im machbaren Bereich liegen.
Die Idee, mit beiden Filtern zu beobachten, ist aber genial. Mit [OIII] kann ja nur der zentrale Bereich erfasst werden, während die Halpha (Hß) Bereiche deutlich ausgedehnter sind. Meiner Einschätzung nach sind diese aber zu flächenschwach. Ich habe sie selbst mit 27" noch nicht erkennen können, was aber nichts heißen soll.

Viele Grüße, Uwe
 
Hallo Stefan, hallo Uwe,

auch hier in der Rheinebene zwischen Frankfurt und Heidelberg wurden wir mit zwei Nächte guter Transparenz gesegnet. Immerhin FST 5m0-5m2 im Zenit, viel besser wird's hier nicht. Die zweite, gestrige Nacht auf Dienstag habe ich komplett mit dem - im nachhinein unsinnigen - Versuch verplempert, im C11 zunächst den 12m4 hellen Phobos in maximaler Elongation vom Mars zu sehen und dann einen 11m9 Stern zu erhaschen, der vom mittlerweile rechtläufigen Jupiter bedeckt war und ab 21 Uhr austrat. Beide völlig erfolglos obwohl beide locker, für sich stehend, innerhalb der Möglichkeiten des 11-Zöllers liegen - eine Lektion in der Blendwirkung heller Körper.

Glücklicherweise verbrachte ich dafür die Nacht auf Montag mit Genuß-Spechteln mit einem 38x82 Fernglas. In meiner Praxis bringen Ferngläser immer die besten Ergebnisse bei den galakischen Nebeln.

Nach Betrachten von M1 - fett und deutlich - driftete ich eher zufällig Richtung Affenkopf-Nebel NGC 2174 im Grenzbereich Orion-Zwillinge. Da fiel mir ein, dass ich vor Jahre, ohne jedes Vorwissen, dass es das Objekt überhaupt gibt, und ohne die Erwartung eines Nebels in dieser Himmelsregion, es mit einem 25x80 Fernglas ohne Filter unter meinem Seeheimer Vorstadthimmel entdeckte. Ich folgte damals einem mit jenem Glas auffälligen Sternstrom, der westlich von M35 beginnt und über einige Grad nach Süden läuft. Nach Auslaufen dieses Stroms stand auf einmal ein schemenhafter Nebel da.

Ich war platt. Nachträgliche Recherche zeigte, dass ich den Affenkopf entdeckt hatte, den aktiven Bereich der Sternassoziation Gem OB1. Dies war der zündende Moment, der zu meiner jahrelangen Auseinandersetzung mit den OB-Assoziationen und galaktische Nebel führte.

Mit dieser Erinnerung schwenkte ich also vorgestern mit dem filterlosen 38x82 Fernglas zu M35 und tatsächlich stand der Sternstrom schön da. Nach Süden den Strom verfolgt - und ich wurde belohnt mit einer klaren Sichtung des Affenkopfnebels. Konturenlos zwar, aber immerhin etwa 15 Bogenminuten groß - der hellster, westlicher, OIII-angeregter Teil. Was mich auch freute war die deutliche Sichtung von Pismis 27, auch NGC 2175s oder NGC 2175.1 genannt, einem Sternhaufen am nordöstlichen Rand des Nebels der evolutionär mit ihm zusammenhängt.

Lowers Nebel Sh 2-261 steht unweit südlich des Affenkopfs. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er leicht südlich vom Zentrum versetzt einen deutlich OIII-dominierten Bereich hat, während der Rest und somit der Großteil des Nebels praktisch ausschliesslich in H-Alpha/Beta leuchtet. Dies mag erklären, warum meine beste Sichtung dieses Nebels bisher mit einem 25x80 Fernglas mit UHC war. Der UHC Filter läßt ja sowohl OIII als auch H-Beta durch. Ich vermute, dass die H-Beta Strahlung an der Sichtung beteiligt war, da ich in jener Nacht mit jenem Glas auch den nördlichsten Teil von Barnards Loop erhaschen konnte, der rein in H-Alpha/Beta strahlt.

Lieber Uwe, ich finde es sehr interessant wie deutlich Deine Zeichnungen die Trennung von OIII und H-Beta bei Lowers Nebel zeigen. Die Zeichnung mit H-Beta hat einen regelrechten Hohlraum in der Mitte - dies ist der OIII-dominierter Raum. Die Zeichnung mit OIII wiederum murkst die H-Beta Bereich komplett ab.

Auch interessant, dass Du sogar unter Superhimmel die ganz engen Filter verwendet hast: 6nm OIII und 5,5nm H-Beta.

Stefan, Du erwähnst die Halbwertsbreite Deiner Filter nicht. Du hattest Dir letztes Jahr ein 4nm OIII Filter besorgt, wenn ich mich recht entsinne. Kommt dieser zur Anwendung?

Beste Grüße, Christopher
 
Zuletzt bearbeitet:
Abell 31 (Sh2-290)
Dieser hat sich nur indirekt sehen lassen, als eine unregelmäßig und sehr schwach leuchtende Scheibe:
30. März 2019, 152mm F/5 achro, Leica L 32mm Okular, OIII filter.

LG,
Jiri
Danke, Jiri - Deinen Bericht zu Abell 31 nehme ich zum Anlass, mich dann einmal mit einem meiner Reiserefraktoren an das Objekt heranzupirschen, unter richtig dunklem Himmel...

CS,
Stefan
 
Danke für Deine spannenden Kommentar, lieber Uwe!

Tja, was den Himmel angeht - ich muss halt nehmen, was geht und dann nachhelfen: Entweder mit Schmalbandfiltern oder (bei Galaxien) hohen bis sehr hohen Vergrößerungen (214x - 419x). Letztgenannte Maßnahme schiebt dann auch die stellare Grenzgröße unter 15 mag (in einer klaren Nacht).
Dass der Baader H-beta-Filter ein "Game Changer" sein kann, ist ja mittlerweile auch anderen aufgefallen. Gerne hätte ich auch den Baader´schen OIII-Bruder am Rohr, aber meine Bestellung lässt jetzt seit über 8 Monaten auf sich warten. So ackert bei mir eben noch Lumicon Gen 3.
Was die Bewertung von derlei schwachen Objekten anbelangt, so bin ich da auch immer etwas gespalten, mal decken sich meine Beobachtungen mit denen anderer Sternfreunde, mal nicht. Ich habe aber über all die Jahrzehnte stadtnaher Deep-Sky-Beobachtung gelernt, dass man auf jeden Fall mit Geduld, Ruhe und Konzentration an´s Werk gehen muss, auch Mehrfachbeobachtungen helfen mir da weiter.
Unterm Strich will ich mit meinen Sichtungen in der Tat auch andere motivieren, es uns Astro-Nerds und Deep-Sky-Sauriern nachzumachen! So sehr ich selber auch gerne fotografiere - "echte" Himmelsbeobachtung ist für mich immer noch mit der eigenen, unmittelbaren Sinneserfahrung verbunden...

Bis bald ;-)

Stefan Korth
 
Tja, Christopher, Du bist schuld - jetzt hole ich bei nächster klarer Gelegenheit den UHC dann doch noch einmal an´s Rohr ;-) Danke jedenfalls auch Dir für Deine Hinweise!
So, Mittagspause um, heute keine Kalzium-Sonne, die nächsten Angebote warten...

CS,
Stefan
 
Hallo Christopher und Stefan,

@Christopher
UHC ist sicher der beste Kompromiss bei Sh2-261. Tatsächlich fallen die hellsten [OIII] Bereiche exakt mit den hellsten H-alpha/beta Bereichen zusammen. Das sieht man auch in der Zeichnung, die jedoch schwer zu lesen sind. Das Feld im 6" ist Faktor 3 kleiner und spiegelverkehrt. Das helle Sterndreieck im 27" ist auch auf der 6" Zeichnung drauf und steht etwa mittig im Nebel.
Zu den Filtern. Meiner Erfahrung nach können die Filter breitbandiger werden, je besser der Himmel und je größer das eingesetzte Gerät wird. Der enge Baader hat bei meinem Himmel wenig Effekt gezeigt, was aber auch an der fehlerhaften Filterkurve lag. Der Astronomik trifft die Kurve zwar perfekt, zeigt aber auch selten mehr, wie der klassische 12nm.

@Stefan
Deep-Sky-Saurier ist witzig. Deinen Schilderungen nach eher "Experte". Eine Bewertung ist tatsächlich immer wahnsinnig schwer. Oft hängen die Objekte sehr eng an der Kombination von Himmel und Öffnung. Sowas lässt sich nur schwer nachstellen und kleinste Änderungen ergeben oft überraschend gegenteilige Beobachtungen. Wenn der enge Baader [OIII] mal zu dir gefunden hat, würde ich trotzdem nochmal auf A31 halten. Ich kann dir zum DSM auch gern mal den 6nm Astronomik mitbringen.

bis bald, ich freue mich auf euch, Uwe
 
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