Lidl-Scope Tuning: Ölfügung, Astigmatismus

Status
Es sind keine weiteren Antworten möglich.

Nik Skysurfer

Aktives Mitglied
Hallo,
habe heute wieder ein bisschen an meinem 70-700 Billigrefraktor Marke "OPTUS", baugleich mit dem klassischen, blauen "SKYLUX", herumgebastelt, das ich schon früher innen velouriert und andere Standardänderungen vorgenommen hatte.
Diesmal ging's ans Objektiv: Da nur die negative Linse beidseitig schwach bläulich vergütet ist, kommt es zu einigen Reflexen zwischen den 4 Glas-Luftübergängen, die den Kontrast etwas mindern. Dem lässt sich mit einem Tropfen optischen Öls zwischen die Linsen begegnen. Erst beide Linsen gut mit Isopropylalkohol und Küchenrolle reinigen, dann alle Staubkörner auf den zusammenzufügenden Oberflächen entfernen und einen etwas größeren Tropfen des als Immersionsöl für die Mikroskopie gekauften Öls in die Mitte der Zerstreuungslinse setzen, Luftbläschen aufstechen oder wegsaugen und dann langsam die andere Linse (mit der richtigen Seite...) draufsetzen und mit leicht kreisenden Bewegungen der Linsen gegeneinander den runden, ölgefüllten Bereich immer mehr nach außen erweitern, bis schließlich die gesamte Trennfläche ölgefüllt ist. Dabei sieht man sehr schön, wie die diffusen Reflexe im ölgefüllten Bereich verschwinden und Transparenz und Klarheit zunehmen :D, mit etwas Geschick und Geduld ist das keine Hexerei.

Die gegenseitige Lage der Linsen zuvor seitlich mit Bleistiftstrichen (die lösen sich nicht im Isopropanol;)) markieren. Die gegenseitige Verdrehung ist essentiell, um den Astigmatismus der Linsen gegenseitig bestmöglich zu kompensieren. Dies basiert auf viel Probieren und ist mit der Ölfügung einfacher, weil man die vordere Linse auch im eingebauten Zustand :cool: gegen die andere verdrehen kann, indem man ein Klebepad :eek: vorne draufklebt (die Klebstoffspuren kann man nachher mit Isopropanol entfernen), die Verschraubung lockert und bei leichtem Druck im eingebauten Zustand verdreht. So kann man das Bild mit ein paar Versuchen merklich verbessern, es bleibt aber meist ein Restastigmatismus, weil die Linsen ja nicht genau gleich viel Astigmatismus haben.

Diesen Restastigmatismus kompensierte ich mit einer Korrektorlinse am 18mm Ortho-Okular, die in einer Filterfassungen sitzt und in die 1 1/4" Hülse eingeschraubt wird. Hergestellt hat dies der Augenoptiker meines Vertrauens aus alten, hochwertigen und nicht zerkratzten Brillengläsern mit ca. 1 Dioptrien Astigmatismuskorrektur. Ursprünglich hatte ich diese wie ein Filter einschraubbaren Korrektoren nur für den Astigmatismus meiner Augen am Fernrohr vorgesehen. Weil der Effekt abhängig von der Distanz zum Okular ist, hat man sogar einen weiteren Freiheitsgrad, denn man kann die Filterfassung vor oder nach der Steckhülse ins Okular einschrauben. Je weiter weg vom Okular, desto stärker die Wirkung, analog zum Zoomeffekt mit einer Barlow-Linse.
Gemeinsam mit dem eingeschraubten Korrektor verdreht man das Okular so gegenüber dem Objektiv, dass das Bild optimal scharf wird. Schließlich kann man noch Objektiv und Okular gemeinsam um den gleichen Winkel gegenüber dem Auge verdrehen (Achtung, bei Zenitspiegel in entgegengesetzte Richtung drehen;)). Das klingt jetzt verwirrend, funktioniert aber. Ich wurde mit einem gestochen scharfen, kontrastreichen Bild der Blüte meines Weihnachtskaktus im Nebenzimmer belohnt :love:.

Bevor jetzt jemand sagt, aber der dünne Luftspalt im Fraunhoferobjektiv dient ja der Korrektur der sphärischen Aberration, die Dicke ist genau berechnet und mit der Ölfügung machst du das alles zu Nichte, ein paar Worte dazu: Ursprünglich war die Optik merkbar, aber nicht schlimm sphärisch unterkorrigiert. Das sieht man sehr schön, indem unscharfe Strukturen im Hintergrund weich verschwimmen, im Vordergrund hingegen härter begrenzt erscheinen. Bei Überkorrektur wäre es umgekehrt. Durch die Ölfügung hat sich da nicht viel getan, war aber eventuell vom Astigmatismus-Problem überlagert. Weil ich mir der Sache wohl bewußt war, habe ich zwei Dinge getan:
Erstens, das Objektiv umgedreht :devilish: ... und möglich, dass das ohnehin die ursprüngliche, richtige Einbausituation war. Dadurch hat sich nicht viel geändert, tendenziell ist die Abbildung und somit die sphärische Aberration eher besser geworden. Wenn ja, dann hat das LIDL-Scope vielleicht gar kein Fraunhofer, sondern ein Steinheil-Objektiv :geek:? ...
Zweitens ist der Korrektor aus Brillenglas ja eine leichte Meniskuslinse, hat also in der richtigen Orientierung auch Einfluss auf die sphärische Aberration. Das hab ich ebenfalls ausgenützt. Wie dem auch sei, eine leichte Unterkorrektur besteht noch, stört mich aber nicht. Nach dem Ergebnis zu schließen, dürfte es jetzt ganz gut passen. :giggle:

:coffee: Nik
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Nik,
das ist ja spannend, das einer das auch mal versucht. mit der Ölfüllung.
Ich hatte das vor jahren auch mal gemacht, da mir die Optik nicht gefiel.
Allerdings hatte ich ein Objektiv mit einem ca. 3mm dicken Ring zwischen den Linsen.
Die hatte ich abgedichtet und einfach mit farbreinen Öl gefüllt.
Da ich keine Optische Bank mit Interferometer oder dergleichen habe, konnte ich nur am Stern testen.
Gebracht hatte es nix. Vielleicht hätte ich es, wie Du, einfach umdrehen müssen.
Naja, es liegt irgendwo noch im Keller. Vielleicht versuche ich es noch einmal mit einem etwas anderen Abstand, ein paar Zehntel mm, anstelle von 3mm. Aber ich bin mir nicht sicher, ob sich das wirklich lohnt??

Martin
Grüsse aus dem Norden.
 
Hallo Martin,
danke für deine Rückmeldung!
Was für eine Linse war das, auch ein 70-700 Skylux? 3mm Spalt kommt mir etwas viel vor. Bei mir war ursprünglich ein ca. 0,2 mm dünner (durchsichtiger :mad:) Kunststoffdistanzring. Jetzt mit dem Öl hab ich diesen weg gelassen und bin praktisch auf 0mm Distanz, da die Ölschicht sehr dünn ist und den Effekt des Luftspalts ohnehin weitgehend aufhebt, weil sich die Brechungsindizes nur mehr wenig unterscheiden.

Neben der Streulichtunterdrückung durch Velours in Tubus und Blendrohr (OAZ) war der Astigmatismus wie beschrieben das Hauptproblem. Vielleicht auch bei deinem Sterntest? Finde die Sache mit dem Verdrehen der Linsen gegeneinander im eingebauten Zustand erleichtert diese Optimierung schon. Hattest du das probiert?

Die Variation der Distanz zwischen den Linsen ändert die sphärische Korrektur, die einen Asti nicht beseitigt. Vielleicht hast du recht und brauch ich eine viel größere Distanz, um das zu optimieren? Scheue mich nur irgendwie, weil die Einstellung jetzt ziemlich gut ist und wegen des größeren Ölvolumens. :sick:

Dass das Umdrehen des gesamten Objektivs möglich ist finde ich insofern bemerkenswert, als andere Objektive darauf mit einem starken sphärischen Fehler reagieren. Es scheint, als sei dieser Achromat gezielt so berechnet, dass verkehrtes Einlegen nichts macht, nette Idee :unsure:... Das mit dem verkehrt Einlegen ist übrigens nicht so aus der Luft gegriffen, an einem billigen 60-700er war die zweite Linse verkehrt eingelegt, das war schon beim Blick von vorne aufs Objektiv durch die Newton-Ringe im Zentrum erkennbar. Entsprechend war die sphärische Aberration katastrophal, die Sterne hatten ein riesiges Halo wie Luftballons, Kontrast völlig unbrauchbar. Durch das probeweise Umdrehen der zweiten Linse sofort ein scharfes Bild, was für eine Überraschung!

PS, habe auch keine Optische Bank oder Interferometer, wie gesagt, die Blüte des Weihnachtskaktus ...;)
Und Faustregel: je genauer der Schärfepunkt beim Fokusieren definiert ist, desto besser die Korrektur. Perfekt, wenn der Fokus so empfindlich ist, dass man ihn ganz genau einstellen muss. Wenn beim Einstellen ein "Bereich" gleich scharf ist, ist es nicht optimal und auf der Achse sind das wohl primär Asti und/oder sphärische Aberration erster Ordnung (von den höheren Ordnungen sprechen wir nicht, die sind eh nicht durch Distanzvariation zu kompensieren).

LG und CS, Nik
 
Zuletzt bearbeitet:
Guten Abend Nik,
ja das ist auch ein 70/700 Achromat aus einem Lidlscope. Meins ist oder besser war aus 2003.
Dieses Objektiv hat einen sehr dicken Distanzring aus Kunststoff, miserabel gefertigt und nicht gleichmäßig dick.
Ich glaube nicht, das die chinesischen Hersteller damit einen Keilfehler ausgleichen wollten. Einfach nur billig.
Ich hatte zudem das Problem, das ich die Beiden Linsen ausgebaut hatte und mir nicht die Stellung zueinander markiert habe.
Man kann das zwar wiederfinden ist aber etwas Aufwendig. Immer in 90° Schritten die Linsen gegeneinander verdrehen und Beugungsringe in Form und Lage begutachten.
Den richtigen Abstand mit einer Ölfüllung zu finden ist eine ziemliche Sauerei, da man immer wieder das Öl entfernen muß, den abstand korregieren und wieder alles zusammenbauen muß.
Interessant wäre das aber schon.
Gutes Gelingen.

Martin
 
Guten Morgen Martin,
mein gebraucht gekauftes Scope dürfte auch ca. aus dieser Zeit stammen.
Probier es doch einmal ganz ohne den 3 mm Distanzring, vielleicht war das ja ein Missverständnis, dass statt "0,3mm" in China "3mm" gefertigt wurde? Könnte ja sein...
So wie ich die Ölfügung beschrieben habe, sind die Linsen ganz eng aneinander gelegt, das Öl tritt auch ohne Dichtung nicht aus und die Linsen können wie beschrieben sogar im eingebauten Zustand gegeneinander verdreht werden, ohne Zerlegen, man muss nur die Verschraubung etwas lockern und ein kleines Klebepad auf die Frontfläche anbringen, um einen Angriffspunkt für die Drehung zu haben.
Die Bildqualität würde ich erst ohne Sterntest einfach an irgendeinem Objekt mit feinen Details rein vom optischen Eindruck her beurteilen. Die Entfernung des Objekts spielt dabei ja keine Rolle, weil der Astigmatismus davon unabhängig ist.

PS, bin schon gespannt, wie unsere Scopes dann am Stern oder Planeten abbilden (hier dzt. Dauernebel...)
Grüße, Nik
 
Hi Nik,
das wird bei mir etwas dauern. Zuviele andere Dinge vorher auf dem Zettel und ich muß die "Scherbe" erst mal wieder im Keller finden.
Und ich werde den Abstand definitiv veringern. Das sind fast 50ml Öl. :eek:

Martin
 
Hi Martin,
kleines Update: Abbildung am Jupiter mit dem umgedrehten Objektiv war nicht berauschend. Am Stern intra- und extrafokal sehr unterschiedliche Beugungsbilder: extrafokal drei starke Spikes, intrafokal tropfenförmige "Kartoffel". Umdrehen bringt nichts.

In der nicht umgedrehten Lage sieht man immerhin sowohl extra- als auch intrafokal eine mehr oder weniger unregelmäßige "Kartoffel", die sich nahe am Fokus immer stärker deformiert. Sphärische Aberration durchaus gering bei eng anliegenden Linsen mit dem dünnen Ölfilm. Mit meinem selbstgemachten, okularseitigen "Sub-Aperture Asti-Korrektor" kann man die Komponente des Astigmatismus erster Ordnung bei richtiger Entfernung des Korrektors vom Okular zwar schön eliminieren, die drei- und mehrfach symmetrischen, höheren Ordnungen des Astigmatismus usw. jedoch nicht. Diese Abweichungen im Schliff der Objektivlinse, die man nicht durch Justieren kompensieren kann, sind ja irgendwie zu erwarten bei Geräten dieser Klasse, eben eine Niete in der China-Lotterie.

Somit Planetenbeobachtung, forget it, mit der Abbildung im 8" Dobson nicht im entferntesten zu vergleichen und auch schlechter als im 114mm Billignewton mit sphärischem Spiegel.

Bei niedriger Vergrößerung (ca. 40x) gibt es (dank der Streulichtmaßnahmen und mit einem vernünftigen Okular) aber ein kontrastreiches Bild mit fast punktförmigen Sternen übers Feld :)
CS Nik
 
Hallo,
der Linsenabstand ist hinsichtlich Öffnungsfehler sehr kritisch. Ich habe einige der 70/700 - er Chinesen getunt. Vor etwa 15 Jahren hatte da jemand mehrmals mehrere Tuben mit kleinen Fehlern (Kratzer, Fokussierung schadhaft, u.ä.) für ein paar Euro auf der bekannten Plattform versteigert. Da ich gerne bastle, habe ich mehrmals zugeschlagen, und die Dinger in Ordnung gebracht. Für die Objektive habe ich jeweils eine neue Fassung aus Alu gedreht. Die Plastefassungen halte ich für nicht brauchbar. Die Linsen dürfen nicht gegeneinander verkippen (bzw. sich nicht verschieben, was gleiche Auswirkungen hat), schon geringste Verkippungen führen zu Asymmetriefehlern. Die Abstandsplättchen waren bei alten Objektiven aus weichem Zinn. Qualitätshersteller haben die Objektive auf den Kollimator genommen, und noch geringe Fehler weggedrückt (macht heute wahrscheinlich keiner mehr). Die Linsen müssen mit möglichst geringer Toleranz gefasst werden. Deshalb ist es ideal, wenn der Wärmeausdehnungskoeffizient von Glas und Fassung möglichst gleich ist. Da ich Stahl nicht so gut bearbeiten kann, habe ich die Fassungen aus Alu gedreht, und die Linsen gegen Verrutschen mit um 120° versetzten, kleinen Silikonpunkten gesichert. Wenn ich die Plastefassungen weiter verwenden müsste, würde ich das Linsenpaket insgesamt gegen einen Fassungsrand schieben, und mit etwas Silikon auf der Gegenseite fixieren. So wie die Linsen in der Originalfassung klappern, wird man wohl keine runden Beugungsscheiben sehen (jedenfalls nicht stabil).
Die durch den Plastering festgelegten Linsenabstände stimmen nach meiner Beobachtung ziemlich genau. Den Plastering habe ich weiter verwendet. Man muss ihn etwas entgraten, und vorsichtig mit feiner Körnung hinfriemeln. Ich habe auch andere chinesische Optiken getunt, da stimmten die Abstände auch weitgehend. Der Optikrechner gibt den Linsenabstand im Datenblatt an, der Konstrukteur der Fassung kann den da übernehmen. Nun haben viele Objektive einen Restöffnungsfehler. Ich nehme an, dass das daran liegt, dass bei Billigoptiken keine Schmelzkorrektur gemacht wird. Die Brechzahlen verschiedener Glasschmelzen unterscheiden sich geringfügig. Bei Qualitätsoptiken bekommt der Optikrechner aktuelle Schmelzdaten, und korrigiert diese über mögliche Abstände. Das ist aufwändig, macht sicher bei Billigoptik niemand, wahrscheinlich merken auch die meisten Nutzer von Billigoptiken Restfehler gar nicht.
Die Fernrohre, die ich getunt habe, zeigten eine recht gute Abbildungsgüte. Lediglich ein Objektiv habe ich nicht hinbekommen, da hatte die Flintglaslinse einen Keilfehler von 0,6 mm.

C.S. Frank
 
Status
Es sind keine weiteren Antworten möglich.
Oben