Nik Skysurfer
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Wow!
Ich muss gleich berichten, bin echt überrascht, was möglich ist.
Wäre klare Sicht nach oben derzeit nicht so rar, ich hätte heute abends ja ganz sicher nicht auf den fast vollen Mond geschaut, der sich durch die Wolkenlücken mit wechselndem Erfolg durchkämpfte. Aber die Verlockung oder mein Hunger nach Himmel waren dann doch zu groß und ich ging hinaus in den Garten.
Welches Teleskop nimmt man für so eine spontane Aktion? Das leichteste, das auch schnell auskühlt. Also mein "Tschibo-Torpedo", ein 76/700 Bresser Newton mit simpler, aber vibrationsarmer azimutaler Montierung mit der typischen verchromten Gewindestange zur Höheneinstellung. Außen wunderschön blau, innen pechschwarz ausgekleidet und fein justiert, alles keine Hexerei. Mit Skianorak und Wollhaube schau ich erst mit einem günstigen 20mm Okular (35x Vergrößerung), ob das Seeing wirklich so schlimm ist, wie auf meteoblue.com für die Wolkenlücke um 22h vorhergesagt. Na ja, wie erwartet nicht berauschend scharf, die Krater, aber trotz kühlem Lagerraum müssen sich Spiegel und Tubus ja erst an die Umgebungstemperatur anpassen.
Ich nutze die Zeit, um ein hochkarätigeres Okular ins Spiel zu bringen: Trau's mich ja fast nicht zu sagen, ein Ethos 8mm. Über jeden Zweifel erhaben, hat es mich neu ca. 50 mal soviel gekostet, wie dieses Teleskop auf willhaben.at. Und gut so, der Anblick ist gleich ein anderer: Endloses Blickfeld, der Mond eine riesige Kugel, hell strahlend, kontrastreich und die Schärfe legt bis zum Rand spürbar zu, auch deshalb, weil die höhere Vergrößerung den Astigmatismus meiner Augen besser kompensiert. Noch besser wird's nach Entfernen der 20cm langen Taukappe, die scheinbar das Tubusseeing verstärkt. Ich genieße den Anblick feiner Details und die Luftunruhe macht sich nur mehr durch ein dezentes Zittern und Wabern des Bildes bemerkbar, von matschig keine Spur. Wir sind bei ca. 90-facher Vergrößerung. Absolut beeindruckend, das würde man diesem Gerät gar nicht zutrauen!
Die Wolken legen wieder zu und ich hatte schon beschlossen einzupacken, als mir die Idee kam, doch einmal mit beiden Augen zu schauen. Meinen Lacerta-Binoansatz, den ich (natürlich) auch dezent streulichtoptimiert habe und optisch absolut gut finde, befreie ich vom ADC und schraube die kleine, aber feine, komakorrigierende 3-fach Düring-Barlow direkt an den Binoansatz. Die Okulare sind 18mm Fujiyama-Orthos, super scharf und kontraststark, aber mit knapp unter 50° Gesichtsfeld doch eine andere Liga als die Ethos, sollte man meinen. Mit ca. 6mm effektiver Okularbrennweite kommen wir auf fast 120-fache Vergrößerung, nahe dem theoretischen Limit der auf 70mm abgeblendeten Spiegeloptik, die ja angeblich nur ein Kugelspiegel ist. An der Bildschärfe merke ich das jedenfalls nicht: Ich bin überwältigt! Die zusätzliche Vergrößerung und das beidäugige Sehen bringen ein plastisches, ausgewogenes und an deutlich sichtbaren Details unglaublich reiches Bild, zudem von Tunnelblick keine Spur. Das Seeing hat sich weiter verbessert, und obwohl (oder weil?) immer wieder Wolken die Show unterbrechen, ist nur mehr ein feingrießiges Zittern zu registrieren, eine meiner schönsten Beobachtungen des Mondes überhaupt. Interessant, dass immer beim Durchziehen von Wolken, die das Bild verschieden abdunkeln, plötzlich Tönungen der Mondoberfläche in den Maria erkennbar werden, die sonst durch die gleißende Überstrahlung des hellen Erdtrabanten unsichtbar sind. Man erkennt sowohl Farb- als auch Helligkeitsabstufungen. Es gibt tatsächlich viele klar erkennbare, etwas dünklere, bläuliche Gebiete.
Dies bringt mich auf die Idee, auch mal ein Rotfilter auszuprobieren. Damit erwisch ich wirklich nur mehr die Letzten Wolkenlücken, aber der Eindruck ist ein ganz majestätischer, wie ein tiefer Ton in einem guten Science-Fiction Film, wenn sich ein gigantisches Raumschiff nähert: Der Mond als schummrig-tiefrot beleuchtete, riesenhafte Skulptur von unglaublicher Würde und Schönheit. Immer wenn die Wolken einen Blick zulassen, stehen Berge, Rillen und Kraterringe im Streiflicht im Osten - und auch im Süden, wegen der Libration - klar und reglos da wie ausgestanzt. Es gibt kein Seeing mehr, auch nicht am messerscharfen Mondrand. Das hab ich so noch nie gesehen!
Die Wolken ziehen zu und ich geh in 2 Minuten rein, inclusive Verstauen meines nun liebsten Grab'nGo-Scopes.
PS: Wie viele matschige, unscharfe Monde hatte ich schon mit viel größeren Geräten gesehen! Einziger Wunsch meines Genicks: den seitlichen Einblick am Tschibo-Torpedo auf schräg umbauen...
Gruß und CS aus Wien, Nikolaus
Ich muss gleich berichten, bin echt überrascht, was möglich ist.
Wäre klare Sicht nach oben derzeit nicht so rar, ich hätte heute abends ja ganz sicher nicht auf den fast vollen Mond geschaut, der sich durch die Wolkenlücken mit wechselndem Erfolg durchkämpfte. Aber die Verlockung oder mein Hunger nach Himmel waren dann doch zu groß und ich ging hinaus in den Garten.
Welches Teleskop nimmt man für so eine spontane Aktion? Das leichteste, das auch schnell auskühlt. Also mein "Tschibo-Torpedo", ein 76/700 Bresser Newton mit simpler, aber vibrationsarmer azimutaler Montierung mit der typischen verchromten Gewindestange zur Höheneinstellung. Außen wunderschön blau, innen pechschwarz ausgekleidet und fein justiert, alles keine Hexerei. Mit Skianorak und Wollhaube schau ich erst mit einem günstigen 20mm Okular (35x Vergrößerung), ob das Seeing wirklich so schlimm ist, wie auf meteoblue.com für die Wolkenlücke um 22h vorhergesagt. Na ja, wie erwartet nicht berauschend scharf, die Krater, aber trotz kühlem Lagerraum müssen sich Spiegel und Tubus ja erst an die Umgebungstemperatur anpassen.
Ich nutze die Zeit, um ein hochkarätigeres Okular ins Spiel zu bringen: Trau's mich ja fast nicht zu sagen, ein Ethos 8mm. Über jeden Zweifel erhaben, hat es mich neu ca. 50 mal soviel gekostet, wie dieses Teleskop auf willhaben.at. Und gut so, der Anblick ist gleich ein anderer: Endloses Blickfeld, der Mond eine riesige Kugel, hell strahlend, kontrastreich und die Schärfe legt bis zum Rand spürbar zu, auch deshalb, weil die höhere Vergrößerung den Astigmatismus meiner Augen besser kompensiert. Noch besser wird's nach Entfernen der 20cm langen Taukappe, die scheinbar das Tubusseeing verstärkt. Ich genieße den Anblick feiner Details und die Luftunruhe macht sich nur mehr durch ein dezentes Zittern und Wabern des Bildes bemerkbar, von matschig keine Spur. Wir sind bei ca. 90-facher Vergrößerung. Absolut beeindruckend, das würde man diesem Gerät gar nicht zutrauen!
Die Wolken legen wieder zu und ich hatte schon beschlossen einzupacken, als mir die Idee kam, doch einmal mit beiden Augen zu schauen. Meinen Lacerta-Binoansatz, den ich (natürlich) auch dezent streulichtoptimiert habe und optisch absolut gut finde, befreie ich vom ADC und schraube die kleine, aber feine, komakorrigierende 3-fach Düring-Barlow direkt an den Binoansatz. Die Okulare sind 18mm Fujiyama-Orthos, super scharf und kontraststark, aber mit knapp unter 50° Gesichtsfeld doch eine andere Liga als die Ethos, sollte man meinen. Mit ca. 6mm effektiver Okularbrennweite kommen wir auf fast 120-fache Vergrößerung, nahe dem theoretischen Limit der auf 70mm abgeblendeten Spiegeloptik, die ja angeblich nur ein Kugelspiegel ist. An der Bildschärfe merke ich das jedenfalls nicht: Ich bin überwältigt! Die zusätzliche Vergrößerung und das beidäugige Sehen bringen ein plastisches, ausgewogenes und an deutlich sichtbaren Details unglaublich reiches Bild, zudem von Tunnelblick keine Spur. Das Seeing hat sich weiter verbessert, und obwohl (oder weil?) immer wieder Wolken die Show unterbrechen, ist nur mehr ein feingrießiges Zittern zu registrieren, eine meiner schönsten Beobachtungen des Mondes überhaupt. Interessant, dass immer beim Durchziehen von Wolken, die das Bild verschieden abdunkeln, plötzlich Tönungen der Mondoberfläche in den Maria erkennbar werden, die sonst durch die gleißende Überstrahlung des hellen Erdtrabanten unsichtbar sind. Man erkennt sowohl Farb- als auch Helligkeitsabstufungen. Es gibt tatsächlich viele klar erkennbare, etwas dünklere, bläuliche Gebiete.
Dies bringt mich auf die Idee, auch mal ein Rotfilter auszuprobieren. Damit erwisch ich wirklich nur mehr die Letzten Wolkenlücken, aber der Eindruck ist ein ganz majestätischer, wie ein tiefer Ton in einem guten Science-Fiction Film, wenn sich ein gigantisches Raumschiff nähert: Der Mond als schummrig-tiefrot beleuchtete, riesenhafte Skulptur von unglaublicher Würde und Schönheit. Immer wenn die Wolken einen Blick zulassen, stehen Berge, Rillen und Kraterringe im Streiflicht im Osten - und auch im Süden, wegen der Libration - klar und reglos da wie ausgestanzt. Es gibt kein Seeing mehr, auch nicht am messerscharfen Mondrand. Das hab ich so noch nie gesehen!
Die Wolken ziehen zu und ich geh in 2 Minuten rein, inclusive Verstauen meines nun liebsten Grab'nGo-Scopes.
PS: Wie viele matschige, unscharfe Monde hatte ich schon mit viel größeren Geräten gesehen! Einziger Wunsch meines Genicks: den seitlichen Einblick am Tschibo-Torpedo auf schräg umbauen...
Gruß und CS aus Wien, Nikolaus