Mond und Mars Spaß mit altem China-Achromat und jede Menge Tipps und Tricks zu Bildbearbeitung von "schweren Fällen"

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joetaiga

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Hallo zusammen,

im Moment ist mein Fuhrpark leider stark eingeschränkt. Meine Montierung wird gerade gewartet, mein Maksutov liegt immer noch auf der Werkbank und an meinem Dobson baue ich immer noch herum.

Daher habe ich meine alte AS-GT auf die Säule gesetzt und dann stand da noch dieser alte verstaubte 4" f/10 Achromat, den ich seit 10 Jahren nicht mehr anschaut habe, in der Ecke meiner kleinen Werkstatt eingeklemmt zwischen einem alten Schalrohr und der Leiter für den Schornsteinfeger.

Den hatte ich mir vor 15-20 Jahren mal zum Spaß gekauft, weil es hieß, dass die China Achromaten jetzt nicht mehr ganz so schlecht sein sollen. Ich hatte den hinten abgesägt, damit ich ihn ohne Glaswegkorrektor mit dem Bino verwenden kann. Der Backfokus ist nun so bei 25cm. D.h. 2" Zenitspiegel + Großfeldbino sind kein Problem. Der Okularauszug ist ohne Feinuntersetzung und mittlerweile extrem schwergängig. Fokussieren ist Glücksache und das Objekt hüpft beim Umkehren der Fokusrichtung zu weilen aus dem Bildfeld.

Da ich gerade am Überlegen bin, ob ich den verschenken, verkaufen oder wegwerfen soll, habe ich mal ein paar Probeaufnahmen von Mond und Mars gemacht. Bei der Aufnahme dachte ich noch "Oh Gott", aber mit etwas EBV ist das gar nicht so übel. Rot und Blau liegen in etwa auf dem selben Fokus, grün ist deutlich daneben, also wirklich komplett außer Fokus, wenn man den Filter wechselt. Die Größe des Marsscheibchens verdoppelt sich ohne Nachschärfen. Auch im Fokus sind da trotz Interferenzfilter natürlich noch deutliche Abstriche zu machen. Visuell geht es erstaunlicherweise einigermaßen. Das Auge kann wohl einiges kompensieren. Gegen meinen 6" Maksutov ist das allerdings trotz ähnlichem Kontrastdurchmesser wie Tag und Nacht.

Aufgenommen habe ich mit der ASI178mm und Baader RGB Filterset.

Mondausschnitt, 1000 Bilder a 7ms bei Gain 100 mit Grün-Filter. Davon 30% verwendet.
Mond1b.jpg

Bei der Bearbeitung muss man sämtliche Register ziehen. Gestackt habe ich mit 1,5x Drizzle in AS3 und moderat vorgeschärft mit dem Wavelet Tool in Registax. Das Bild ist allerdings entweder überschärft oder matschig. Im Prinzip sind schöne Details da. Ich vermute, dass das daran liegt, dass die schwache Farbkorrektur nur alleine mit einem Grün-Interenzfilter nicht in den Griff zu bekommen ist.

Daher ging es weiter in Gimp. Um dem ganzen einen etwas härteren Look zu geben, habe ich das Bild selektiv mit einer invertierten Graustufenmaske geschärft. Da war aber an den Kanten immer noch Potenzial. Daher habe ich das Bild mit Denoise 0 und Sharpen 1 durch Denoise AI gejagt. Das ist die schwächste Einstellung, die geht. Jetzt sind die Kanten scharf, aber es zeigen sich auf den Ebenen Artefakte. Um das Beste aus beidem zu haben, habe ich in Gimp die Denoise AI Ebene mit 30% Deckkraft über das Ursprungsbild gelegt. In Gimp habe ich versucht dem Bild noch die typische Mondfarbe zu verleihen, in dem ich im Kanalmixel 5% bei Blau abgezogen habe.

Das Bild wirkt etwas grob und hart, aber das ist bei den Gegebenheiten nicht zu vermeiden. "Grob und hart" passt auch irgendwie zum Instrument, mit dem aufgenommen wurde ;)

Noch in der Dämmerung hatte ich Mars aufgenommen. Die 3000 Bilder a 14ms (wieder Gain 100) pro Kanal hatten ähnliche Qualität, sodass ich meine üblichen 30% verwendet habe. Gestackt wurde wieder mit AS3, diesmal mit 3x Drizzle. Das RGB Komposit habe ich in Fitswork gemacht, danach wieder in Registax mit relativ großen Radien vorgeschärft und noch einen automatischen Farbabgleich gemacht. Leider war das Bild noch ziemlich grünstichig. Bei Blau hatte ich zum Schärfen das Gain hochgedreht und vergessen wieder zurück zu setzen....naja. Den Grünstich habe ich daher vorm Schärfen in Siril mit Remove Green Noise entfernt. Jetzt passt die Farbe.

In Registax habe ich eine weiche und eine überschärfte Version gemacht. Jetzt ist das so, dass bei dem Refraktor das Bild sehr stark aus dem Objekt streut. D.h. leider sind sogar bei der weichen Version zwei "Interferenzringe" um den Mars, die sehr stören. In Gimp habe ich dann wie üblich die weiche Version mit der harten selektiv überlagert, sodass das obligatorische Ringartefakt auf der Marsoberfläche verschwindet. Die beiden "Interferenzringe" habe ich mit dem Korrekturstempel weggemacht.

Auf dem Bild sind nun schon schöne Details zu sehen, aber verwaschen und mit schwachem Kontrast. Daher habe ich das Bild nochmal durch Denoise AI gejagt. Dabei muss man beim Mars aufpassen mit dem Denosie Regler. Ich habe mit Denoise auf 4 und Sharpen auf 15 gearbeitet und dann den Kern des Denoise Bildes wieder in Gimp auf das Ursprungsbild überlagert...und hoffentlich nicht übertrieben. Außerdem habe ich selektiv noch den Rand des Denoise Bildes übernommen um einen schön definierten Rand zu erhalten.

Das ist das Ergebnis.
MarsRGB.jpg

Auch aus kleinen, billigen Optiken kann man etwas herausholen, wenn man die richtigen Kniffe in der EBV kennt. Wunder kann man bei der Kiste natürlich keine erwarten, schon gar nicht bei 4" Öffung.

Ich hoffe der Bericht gefällt und der ein oder andere konnte sich ein paar gute Anregungen für seine EBV herausholen.

CS Joachim
 
Danke für die Komplimente.

Man muss aber schon dazu sagen, dass das mit Straight Forward Bildbearbeitung nicht besonders toll aussieht. Interessanterweise sind die ganzen Kontrastkillereffekte gar nicht so schlimm, wenn man weiß, wie man sie weg bekommt. Sobald die Schärfeninformation im Bild vorhanden ist, kann man sie auch sichtbar machen.

CS Joachim
 
Hallo Joachim,

ich finde solche Versuche auch spannend. Ich hatte das mal mit einem größeren Sucherfernrohr und einem H-alpha-Filter (12 nm) probiert. Wenn der Farbfehler die Hauptqualitätsbremse ist, dann kann man so sogar halbwegs ansehbare S/W-Bilder mit einem Achromat machen. Mond geht dann gut, auch Sonne und hellere Sternhaufen o.ä..

Gruß

*entfernt*
 
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