NASA kämpft gegen geplante Obsoleszenz

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boxdoerfer

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Hallo,

bei einer Recherche zu Auswirkungen der RoHS-Richtline der EU bin ich auf die Problematik hochzuverlässiger Elektronik gestossen. Zweifellos benötigt man in der Raumfahrt solche.
Für Raumfahrtzwecke darf also ausdrücklich weiterhin erprobt zuverlässige bleihaltige Elektronik verwendet werden. Man möchte eigentlich meinen, unsere RoHS-Richtline sollte die NASA erst recht nicht berühren. IRRTUM !

Aufgrund der Marktbedeutung der EU und des weit überwiegenden Marktanteils von Consumer Elektronik, haben die Hersteller von Elektronik-Bauteilen weitgehend auf bleifreie Bauteile umgestellt. Die NASA ist also gezwungen zunehmend bleifreie Bauteile zu verwenden, auf deren rein-verzinnten Kontaktierungen mikroskopisch feine leitfähige Zinn-Nadeln bis zu mehrere Millimeter heraus wachsen können (Stichwort Whisker), welche dann irgendwann Kurzschlüsse verursachen können. Auf bleihaltigen Kontaktierungen würden dagegen keine Whisker wachsen, oder allenfalls nur sehr kurze.

Als Notmaßnahme müssen diese Kontaktierungen nachträglich penibel wieder Bauteil für Bauteil bleihaltig gemacht werden. Diese Behandlung bedeutet zusätzlichen Stress für die Bauteile, kann sie also eher unzuverlässiger machen als es die alten original bleihaltigen Bauteile waren. RoHS gefährtet somit zusätzlich den Erfolg von Raumfahrtmissionen. Das finde ich skandalös.

Grüße, Sigi

 
Hallo,

es gibt wohl zahlreiche Möglichkeiten die Whiskerbildung auch bei bleifreiem Lot zu unterdrücken (Leiterplattendesign, Additive, Fertigungstechnik). Ausnahmeregelungen gibt es auch. Darüber muss man sich eben Gedanken machen bevor man Bauteile plant/herstellt/bestellt.

Ein Stoffverbot für die Consumerelektronik macht durchaus Sinn.

Viele Grüße,
Harald
 
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Zitat von hhh:
Hallo,
es gibt wohl zahlreiche Möglichkeiten die Whiskerbildung auch bei bleifreiem Lot zu unterdrücken
Hallo Harald,

das Problem der NASA ist nicht das Lot. Die NASA schreibt ausdrücklich bleihaltiges Lot vor. Das Problem ist, dass die NASA viele Bauteile von den Herstellern nur noch mit bleifreien Kontaktierungen bekommt.

Oder bei Bauteilen, die als bleihaltig ausgewiesen angeliefert werden, ist man trotzdem nicht sicher, weil die Hersteller die gleichen Artikelnummern für die neuen bleifreien wie für die alten bleihaltigen Bauteile verwenden. Eine Röntgenfluoreszenzanylyse bei jedem einzelnen Bauteil ist auch nicht praktikabel.

Tatsache ist, dass jetzt ein logistisch aufwändiges Workaround mit neuen Risiken notwendig ist, um ein Problem abzumildern, was schon seit über 50 Jahren gelöst war.

Es gibt viele Anwendungen, die ebenfalls hohe Zuverlässigkeit verlangen. Nicht alle können den hohen Aufwand wie die NASA betreiben.

Diejenigen darunter, die nicht von RoHS ausgenommen sind, müssten sogar mehr Aufwand als die NASA betreiben.
Ich las von einer wenig praktikablen Idee Whisker zu stoppen, indem man bestückte Leiterplatten mit Nickel galvanisiert.

Grüße, Sigi
 
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Hallo!

Ich weiß nicht, ob dieser Kampf gegen Windmühlen wirklich was bringt. In dem anderen Thread hast Du eine Outlook-Präsentation der NASA verlinkt. Dort werden Untersuchungen zu „tin whiskers“ an Space-Shuttle Komponenten gezeigt. Diese wurden aber schon in den 70er Jahren entwickelt! Das Problem ist also weder neu noch hängt es ursächlich mit RoHS oder andern Maßnahmen zur Reduktion der Schadstoffbelastung zusammen. Möglicherweise hat es sich durch RoHS verschäft, aber das wurde nicht über Nacht eingeführt und die NASA hatte (sozusagen) alle Zeit der Welt, sich darauf einzustellen. Dass sie trotzdem Komponenten mit RoHS Zertifizierung einkaufen zeigt doch, dass sie das Problem entweder als zweitrangig einstufen oder bereits Abhilfen haben.

Viele Grüße
Maximilian
 
Zitat von maximilian:
... ob dieser Kampf gegen Windmühlen wirklich was bringt...
... soll es auch nicht sein. Die Leute dürfen sich trotzdem informieren und über die Konsequenzen nachdenken. Bei Naturgesetzen hält sie schließlich auch niemand (mehr) davon ab. Raumfahrt interessiert uns und wir wollen, dass die Missionen möglichst erfolgreich sind.
Zitat von maximilian:
... Dass sie trotzdem Komponenten mit RoHS Zertifizierung einkaufen zeigt doch, dass sie das Problem entweder als zweitrangig einstufen oder bereits Abhilfen haben.
Nein, weil sie schlicht keine andere Wahl haben. Wie alle anderen Betroffenen auch. Oder sie machen den Laden dicht.
Die Whisker in den Space Shuttles waren weitestgehend auf Halterungen: http://paris.utdallas.edu/IEEE-RS-ATR/document/2008/2008-19.pdf
Mag sein, dass auch einige Bauteile rein-verzinnt waren. Doch heute weiß man es besser und muss den gleichen Fehler nicht nochmal machen. Außerdem hat moderne Elektronik eine höhere Packungsdichte, die Isolationsabstände zwischen den Pins sind teilweise unter 0,3mm. Für eine Fehlfunktion genügt hier ein einziger kurzer Whisker.

Consumer Elektronik "wird schon" auch ohne spezielle Maßnahmen die kurze gesetzliche Gewährleistungspflicht überstehen. Länger verlangt der Staat nicht.

Es würde mich nicht wundern, wenn bei der Ausarbeitung von RoHS ausgerechnet diejenigen Metallurgen als Berater hinzugezogen wurden, welche Patente auf bleifreie Lot-Legierungen inne hatten.

Grüße, Sigi
 
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Hallo!

Zitat von boxdoerfer:
Consumer Elektronik "wird schon" auch ohne spezielle Maßnahmen die kurze gesetzliche Gewährleistungspflicht überstehen. Länger verlangt der Staat nicht.

Was das angeht gibt es inzwischen schon ein ganzes Gewerbe, das davon lebt. Mein aktueller Computer, ein MacBook Pro, ist von 2008 und wurde damals schon bleifrei gelötet (in Europa ist RoHS erst 2013 in kraft getreten!). Weil das bleifreie Lot offenbar weniger duktil ist, vertragen die Platinen die vielen Temperaturschwankungen von CPU und Grafikchips nicht, weswegen sich diese mit der Zeit „ablöten“. Das ist aber kein großes Problem, denn viele Leute haben sich eine „reflow workstation“ angschafft, mit der sie die Platinen neu verlöten. Kostet typischerweise um die 80 Euro und hält drei bis vier Jahre. Für die Raumfahrt natürlich keine gangbare Lösung...

Ich selbst arbeite in einer Branche, in der es dank Ausnahmeregelungen noch verbleites Benzin und Halon-Feuerlöscher und anderes Dreckzeug gibt, das wir lieber nicht haben wollen. Finde ich ganz schlimm sowas und es hemmt auch den technischen Fortschritt. Wenn sie in der Luftahrt das verbleite Benzin zusammen mit dem Autobenzin verboten hätten, dann würden kleine Flugzeuge heute mit elektrischem / Brennstoffzellenantrieb fliegen. Und Autos vielleicht auch schon seit 10 Jahren. Ohne Zwang passiert nämlich gar nichts. Und deswegen ist RoHS insgesamt eine gute Sache auch wenn einige Hersteller oder Betreiber dadurch kurzfristig Nachteile haben.

Viele Grüße
Maximilian
 
Zitat von maximilian:
Weil das bleifreie Lot offenbar weniger duktil ist, vertragen die Platinen die vielen Temperaturschwankungen von CPU und Grafikchips nicht, weswegen sich diese mit der Zeit „ablöten“...
Kein Hersteller ist gezwungen, unverhältnismäßig viel Aufwand zu treiben, wenn sich das für ihn nicht auszahlt.

Nach RohS ist er jedoch zu bedeutend mehr Aufwand gezwungen, wenn die Anforderungen in langer Lebensdauer und hoher Zuverlässigkeit bestehen. Werden diese dennoch nicht erfüllt, wird es weit mehr als nur die aufwändigere Herstellung kosten.

Grüße, Sigi
 
Hallo,

man findet über Zinn-Whisker (tin whiskers) unzählige wissenschaftliche Arbeiten. Das zeigt, dass dieses Phänomen nicht bloß eine unbedeutende Kuriosität ist.
In Fachkreisen der Elektronikindustrie ist es ein heißes Thema, das eine ganze Zeitschrift füllt: http://www.magazines007.com/pdf/SMT-Feb2015.pdf

Ich darf abschließend noch Ernesto O. zitieren:

"Wurde schon vor einigen Jahren von der Wissenschaft entdeckt, dass die feine römische Gesellschaft durch zuviel Blei in der Nahrung ins genetische Abseits geriet, können unsere Forscher nun auch darüber nachdenken, ob unsere moderne Industriegesellschaft durch zu wenig Blei in den Lötstellen den nächsten Niedergang erleiden wird."

Grüße, Sigi
 
Hallo,

ich kenne Ernesto O. nicht, aber der Untergang der Römer durch Blei wurde bereits widerleget:

http://www.pnas.org/content/111/18/6594

Moderne Technik ohne Blei im Lötzinn funktioniert auch. Für spezielle Anwendungen gibt es Ausnahmen. Die NASA sollte doch in der Lage sein, ihre Bauteile entsprechend fertigen zu lassen.
 
Hallo Harald,

vielen Dank für die Richtigstellung. Interessant wäre zu erfahren, inwieweit eine 100-fache Bleibelastung über dem natürlichen Wert im Trinkwasser der Römer deren Gesundheit beeinträchtigt hat und falls signifikant, ob sie sich dem Zusammenhang mit den bleiernen Wasserleitungen und der Toxizität von Blei bewusst waren.
Zitat von hhh:
... funktioniert auch ... sollte doch ...
So eine Einschätzung genügt dem Hobbybastler, aber sicher nicht der NASA.

Rechenbeispiel: Ob eine Lötverbindung über 20 Jahre zu 99,999% oder 99,9999% zuverlässig ist, erscheint dem Laien völlig unerheblich. Nur, schon auf einer kleinen Leiterplatte passen Tausende von Lötstellen. Schätzen wir in einer Raumsonde lediglich 100.000 Lötstellen, dann sieht die Fehlerfreiheit nach 20 Jahren schon ganz anders aus: Im ersten Fall 0.99999 ^ 100000 = 37%, im zweiten Fall 0.999999 ^ 100000 = 91%.

Grüße, Sigi
 
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Hallo Sigi,

die alten Römer kannten sehr wohl die Symptome einer Bleivergiftung.

Aber zum eigentlichen Thema. Ich war selbst im Anlagenbau tätig und für Planung und Beschaffung tätig. Abseits von Standardbauteilen gibt man die Spezifikationen exakt vor - die beauftragten Firmen liefern sie (und falls nicht kann es für die recht teuer werden). Für die Vorgabe der Spezifikationen ist die NASA (bzw. die mit der Planung beauftragten Stellen) verantwortlich. Sie bekommen das was sie bestellen - man muss nur das richtige bestellen. Qualitätskontrolle ist aber nicht immer die Stärke der NASA, wie die Vergangenheit oft gezeigt hat.
 
Zitat von hhh:
Abseits von Standardbauteilen gibt man die Spezifikationen exakt vor - die beauftragten Firmen liefern sie (und falls nicht kann es für die recht teuer werden). Für die Vorgabe der Spezifikationen ist die NASA (bzw. die mit der Planung beauftragten Stellen) verantwortlich. Sie bekommen das was sie bestellen - man muss nur das richtige bestellen.
Hallo Harald,

in der Realität können Spezifikationen nicht immer bis ins allerkleinste Detail ausgearbeitet werden. Vorhandensein oder Fehlen von Details kann für selbstverständlich gehalten werden oder zu spezielle Details wären jenseits des eigenen Knowhows. Deshalb werden Aufträge an Spezialisten vergeben und zwar letztlich von Managern nach Aktenlage. Ein einfaches Beispiel dafür sind die Halterungen der Elektronik im Space Shuttle. Weil Verzinnung als Korrosionsschutz allgemein üblich und billig ist, wird sie "gratis" mit angeboten und ein Manager der NASA akzeptiert, weil er weder vom Whisker-Phänomen weiß noch dass die Kupfer-Beryllium-Legierung der Halterungen schon korrosionsbeständig ist.

Ich bezweifle, dass sich Zulieferer finden ließen, wenn sie für das ganze Projekt haften sollten.

Zitat von hhh:
Qualitätskontrolle ist aber nicht immer die Stärke der NASA, wie die Vergangenheit oft gezeigt hat.
Deshalb braucht man ein Qualitätsmanagement auf allen Ebenen und vor allem auch Ebenen-übergreifend. Die notwendige Bauteil-Rückkonvertierung auf bleihaltige Pins stellt eine zusätzliche Ebene mit relevantem Fehlerpotenzial dar.

Es fehlt nur noch eine EU-Verordnung, welche die Zuverlässigkeit von Elektronik genauestens regelt.

Grüße, Sigi
 
Zitat von boxdoerfer:
Ich darf abschließend noch Ernesto O. zitieren:

"Wurde schon vor einigen Jahren von der Wissenschaft entdeckt, dass die feine römische Gesellschaft durch zuviel Blei in der Nahrung ins genetische Abseits geriet, können unsere Forscher nun auch darüber nachdenken, ob unsere moderne Industriegesellschaft durch zu wenig Blei in den Lötstellen den nächsten Niedergang erleiden wird."
Zitat von hhh:
Hallo,
ich kenne Ernesto O. nicht, aber der Untergang der Römer durch Blei wurde bereits widerleget:
http://www.pnas.org/content/111/18/6594
Wie es scheint, hat Ernesto O. nicht den Untergang der Römer gemeint, sondern die angebliche Gepflogenheit einiger Adeliger, Bleiacetat dem Wein als künstliches Süssungsmittel zuzugeben. Ob das stimmt, ist eine andere Frage.

Grüße, Sigi
 
Zitat von maximilian:
Interessant. Was ich mich aber frage: Dieses Nano-Partikel-Kupferlot hat einen Schmelzpunkt von nur 200°C. Wenn es dann aber geschmolzen und wieder erstarrt ist, wird es doch zu „normalem“ Kupfer. Mit einem Schmelzpunkt von 1085°C. Wie repariert man so eine Schaltung, wenn es notwendig wird?
Es wird wie bei SMT üblich als Paste auf die Leiterplatte entweder über Schablone oder mit Ink-Jet-Printer aufgebracht. Die Kupfer-Nanopartikel haben eine Schutzbeschichtung, die sie am vorzeitigem Zusammenhaften hindert. Diese verflüchtigt sich erst beim Erhitzen und dann backen die Kupfer-Nanopartikel an Pad und Pin zusammen.
Einzelne Bauteile ersetzen ist nicht möglich, nur die komplette Baugruppe, die dafür aber viel zuverlässiger sein kann.
 
Zitat von maximilian:
... Mein aktueller Computer, ein MacBook Pro, ist von 2008 und wurde damals schon bleifrei gelötet (in Europa ist RoHS erst 2013 in kraft getreten!). Weil das bleifreie Lot offenbar weniger duktil ist, vertragen die Platinen die vielen Temperaturschwankungen von CPU und Grafikchips nicht, weswegen sich diese mit der Zeit „ablöten“.
Bei Apple bedingt innovativstes Design halt auch ein gewisses technologisches Risiko. Das ist ok und möchte ich nicht kritisieren. Nur muss man halt wissen, dass das bleifreie Lot bedeutend weniger Fehler verzeiht als man es vom Zinnblei-Lot gewohnt war. Fehler passieren immer mal. Dank RoHS sind sie jetzt häufiger und wirken sich gravierender aus als früher.
Ein Hersteller kann nicht jedesmal eine ganze Produktion einstampfen, nur weil der Lötprozess vielleicht nicht ganz optimal gelaufen ist.

Man sollte mal die Kommentare hierzu lesen:
http://www.giga.de/mac/macbook-pro/...lage-wegen-fehlerhafte-grafik-in-macbook-pro/
http://www.heise.de/mac-and-i/meldu...n-GPU-Problemen-beim-MacBook-Pro-2497171.html
 
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Zitat von boxdoerfer:
... Es fehlt nur noch eine EU-Verordnung, welche die Zuverlässigkeit von Elektronik genauestens regelt. ...
Umweltministerin Hendricks will ein Öko-Preisschild einführen: http://www.faz.net/aktuell/wirtscha...ein-oeko-preisschild-einfuehren-14426107.html
Elektrogeräte sollen nach Plänen des Bundesumweltministeriums künftig Angaben zu den verbrauchten Ressourcen erhalten. Ziel sei, dass der Produktpreis die tatsächlichen Umwelt- und gesellschaftlichen Kosten widerspiegele. Darüber hinaus sieht das Umweltprogramm eine Verlängerung der Nutzungsdauer von elektrischen Geräten vor. Denkbar seien hier etwa Anforderungen für eine Mindestlebensdauer sowie Vorgaben für Reparaturfähigkeit und Aufrüstbarkeit.

Ich sehe detaillierte Nachweispflichten für jedes Einzelteil und aufwändige Testreihen in akkreditierten Prüflaboren auf uns zukommen.
"Oh Mann, wie ich es hasse, immer Recht zu behalten!" (Zitat von Dr. Ian Malcolm aus Jurassic Park, gespielt von Jeff Goldblum)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ja oder Emissionen bei KFZ. Da Fallen mir tausend Beispiele ein. Funktionierte doch schon alles vor 30 Jahren. Jetzt kommen die auf die Wahnsinnige Idee die Umwelt vor Profit zu stellen. Böse EU.

Gruß Jens
 
Zitat von MiMeDo:
Zitat von boxdoerfer:
Tatsache ist, dass jetzt ein logistisch aufwändiges Workaround mit neuen Risiken notwendig ist, um ein Problem abzumildern, was schon seit über 50 Jahren gelöst war.
Hm, ähnlich konnte man auch für FCKW in Kühlschränken argumentieren. :neinnein:

Das Thema scheint dir ja extrem wichtig zu sein,
wieso denn?

Gruss
Thorsten
Nun, ich mag Zufallsfehlermechanismen nicht. Man erwartete natürlich, dass Wissenschaftler und Ingenieure wie immer sehr schnell eine effektive und praktikable Lösung fänden. Obwohl vielerorts danach geforscht wird, gibt es diese Lösung nach über 10 Jahren immer noch nicht. Deshalb enthält der Großteil von Elektronik jetzt einen Zufallsfehlermechanismus.

Grüße, Sigi

 
Hallo!

Zitat von boxdoerfer:
Deshalb enthält der Großteil von Elektronik jetzt einen Zufallsfehlermechanismus.

Aber aus den von Dir angegebenen Artikeln und Links (mich interessiert das Thema auch sehr, beruflich und privat, weswegen ich das meiste davon gelesen habe) geht doch klar hervor, dass das Problem nicht neu ist. Sogar Sammler alter Radios haben mit dem Ausfall ihrer wertvollen Geräte zu kämpfen, weil schon die ersten kommerziell verfügbaren Transistoren aus den 1950er Jahren Probleme mit „tin whiskers“ im Inneren ihrer Gehäuse haben. Und viele der übrigen Beispiele sind, wie schon geschrieben, aus dem Space-Shuttle Programm das aus elektronischer Sicht aus den 1970ern ist. Von „jetzt“ kann also wirklich keine Rede sein. Das Problem ist im Grunde 65 (*) Jahre alt, es ist durch den Verzicht auf bleihaltiges Lötmittel nur etwas verstärkt worden.

Viele Grüße
Maximilian

(*) Es ist sogar noch viel älter, denn schon die zinnernen Uniformknöpfe von Napoleons Soldaten sind Opfer von unverstandenen metallurgischen Prozessen im Zinn geworden.
 
Zitat von maximilian:
... geht doch klar hervor, dass das Problem nicht neu ist. Sogar Sammler alter Radios haben mit dem Ausfall ihrer wertvollen Geräte zu kämpfen, weil schon die ersten kommerziell verfügbaren Transistoren aus den 1950er Jahren Probleme mit „tin whiskers“ im Inneren ihrer Gehäuse haben. Und viele der übrigen Beispiele sind, wie schon geschrieben, aus dem Space-Shuttle Programm das aus elektronischer Sicht aus den 1970ern ist. Von „jetzt“ kann also wirklich keine Rede sein.
Ja, auch in alten Geräten waren noch einige reinverzinnte Bauteile enthalten als man bereits vom Whisker-Problem wusste. Das war leichtsinnig und hätte vermieden werden können und sollen. Jetzt werden die Kontaktierungen der meisten Bauteile reinverzinnt, nur um RoHS-konform und mit dem bleifreien Lötprozess kompatibel zu sein. Blei, das die Whiskerbildung recht zuverlässig unterdrücken würde, dürfen die Kontaktierungen nicht mehr enthalten. Alternative Beschichtungen wie NiPd oder NiPdAu sind auf vielen Bauteilen nicht möglich oder viel zu teuer. Das bleifreie Lot bildet in geringerem Maß auch Whisker. Obwohl man sich heute der Gefahren durch Whisker mehr denn je bewusst ist, darf man das sicherste und praktikabelste Mittel zur Unterdrückung von Whiskern bei RoHS-konformer Elektronik nicht mehr anwenden. Alternativen wie polymere Spezialbeschichtungen ganzer bestückter Leiterplatten, wie sie für Militär und Luftfahrt erwogen werden, sind bei Consumer-Elektronik kaum möglich.

Zitat von maximilian:
Das Problem ist im Grunde 65 (*) Jahre alt, es ist durch den Verzicht auf bleihaltiges Lötmittel nur etwas verstärkt worden.
Das Whisker-Problem war vor RoHS bei korrektem Design praktisch eliminiert und aufgrund der geringen Pinabstände moderner Elektronik sind Fehler durch Whisker viel wahrscheinlicher.

Grüße, Sigi
 
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Killed (Not Saved) By A Whisker -- Why Our Electronic Gizmos Inevitably Die http://www.forbes.com/sites/robertc...lectronic-gizmos-inevitably-die/#14af9a6b1e20

Certainly There's Planned Obsolescence In Apple's iKit -- It's Just Not Planned By Apple http://www.forbes.com/sites/timwors...t-its-just-not-planned-by-apple/#36785d0d6de1

Sabotiert Apple seine Smartphones? http://derstandard.at/1381372184978/Sabotiert-Apple-seine-Smartphones

Ethics and profit in the electronics sector http://www.ee.co.za/article/ethics-and-profit-in-the-electronics-sector-a-fine-balance.html

What a Long, Strange Trip it’s Been—and It’s a Long Way from Being Over, A Conversation with Industry Icon Harvey Miller http://flex.iconnect007.com/index.php/article/95678/?skin=flex&p=1
 
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