Cornell News "Ironically, the globular cluster at which the signal was aimed won't be there when the message arrives. It will have moved well out of the way in the normal rotation of the galaxy."
Zitat von fquadrat:
Hat jemand die Eigenbewegung oder Tangentialgeschwindigkeit von M 13 zur Hand? Die Halbwertsbreite des Teleskops liegt bei der eingesetzten Wellenlänge in der Größenordnung von gut 1,77 Bogenminuten, da müßte die Tangentialgeschwindigkeit 230mal so hoch sein wie der Betrag der Radialgeschwindigkeit, um die "Beleuchtungsstärke" auf die Hälfe dessen zu bringen, was im Zentrum der Antennenkeule zu erwarten ist.
Zitat von hhh:
Das würde ich auch gerne wissen.
M 13 hat einen Durchmesser von immerhin 150 Lichtjahren. Bewegt sich der Kugelsternhaufen wirklich so schnell?
Hallo fquadrat und Harald, eure Skepsis ist in der Tat angebracht. Die oben nochmal zitierte Behauptung bzgl. der Eigenbewegung von M13 kann gar nicht stimmen, dazu braucht man noch nicht einmal konkrete Messdaten. Leider bin ich selber auf diese Falschinformation hereingefallen. Sorry about that!
Messungen zur Eigenbewegung von Kugelsternhaufen sind wegen deren großer Entfernung von Natur aus schwierig und derzeit noch mit großen Fehlern behaftet. Was darüber bekannt ist, habe ich weiter unten zusammengestellt. Man kann sich aber auch ohne Kenntnis von solchen Messungen aus grundsätzlichen Erwägungen schnell davon überzeugen, dass sich M13 im Verlauf von 25000 Jahren maximal allenfalls um ein Drittel seines Winkeldurchmessers verschieben kann! Unabhängig von der tatsächlichen Breite des Arecibo Strahlkegels wäre also eine Überlappung mit dem Profil des Kugelsternhaufens gewährleistet.
1. Erforderliche Geschwindigkeit und Eigenbewegung für einen seitlichen Versatz um einen vollen Durchmesser in 25 000 Jahren:
(a) Durchmesser, Entfernung und Winkeldurchmesser von M13:
Durchmesser: ..................................... ~ 145 Lj
Entfernung: ...................................... ~ 25 000 Lj
Winkeldurchmesser von M13: ................ ~ 20'
(b) Erforderliche Geschwindigkeit:
1 Lj = 9,46 x 10^12 km
1 Jahr = 3,16 x 10^7 s
V = 145 Lj / 25 000 Jahre = 1739 km/s
(c) Erforderliche Eigenbewegung:
EB = 20'/25 000 Jahre = 1200"/25 000 Jahre = 0,048"/Jahr
2. Maximal mögliche Geschwindigkeit und Eigenbewegung:
(a) Galaktische Fluchtgeschwindigkeit in der Milchstraße:
v_max = 492 - 594 km/s = 0,00164 - 0,00198 c = 0,00164 - 0,00198 Lj/Jahr
-> v_max ~ 600 km/s ~ 0,00200 Lj/Jahr
(b) Maximal mögliche Eigenbewegung:
EB_max ~ 0,00200 Lj/Jahr / 25 000 Lj = 8 x 10^-8 rad/Jahr = 0,0165"/Jahr
Maximale Verschiebung über 25 000 Jahre:
25 000 Jahre x 0,0165"/Jahr = 412,5" = 6.9'
Das ist aber nur etwa 1/3 des Durchmessers von M13.
3. Messungen
Messungen der Eigenbewegung von Kugelsternhaufen sind notorisch schwierig. Idealerweise würde man als Referenz für solche Messungen die Koordinaten von vergleichsweise entfernteren Objekten wie Galaxien und Quasaren nehmen. Bislang wurden jedoch fast ausnahmslos Feldsterne als primäre Referenz verwendet, deren Eigenbewegung ihrerseits dann auf komplizierte Weise erst mal kalibriert werden muss. Kein Wunder, dass die Ergebnisse sehr ungenau sind. Hier sind einige wenige Resultate:
K.M. Cudworth & D.G. Monet, AJ 84 (1979) 774- - Astrometry in the Globular Cluster M13. I. New Proper Motions ...
K,M. Cudworth and R.B. Hanson, AJ 105 (1993) 168-172 - Space velocities of 14 globular clusters
L. Chen, J.J. Wang, and J.L. Zhao - A Space Motion Study of the Globular Cluster M13,
Extragalactic Star Clusters, IAU Symposium 207, Held in Pucon, Chile March 12-16, 2001.
Die Eigenbewegung wird gewöhnlich in mas/Jahr (milli-arc-seconds pro Jahr) angegeben.
Eigenbewegung in mas/Jahr ................. in R.A. ............... in Dekl.
Cudworth & Hanson (1993) ............. 0.90 ± 1.00 ............ 5.5 ± 2.0
Cheng, Wang & Zhao (2001) ........... 1.49 ± 0.36 .......... 3.06 ± 0.35
Wenn wir mal von einer Eigenbewegung von etwa 3 mas/Jahr = 0,003"/Jahr in Deklination ausgehen, dann kommen wir in 25 000 Jahren auf:
EB (in Dekl.) = 25 000 Jahre x 0,003"/Jahr = 75" = 1,25'
also nur gut eine Bogenminute.
Das ist nur etwa 1/5 des unter Punkt (2) aus der maximalen Fluchtgeschwindigkeit abgeschätzen Maximalwertes. Und es ist nach Punkt (1) nur 1/16 der Verschiebung, die für einen Versatz um die volle Breite des Haufens von 20' erforderlich wäre.
Wenn Arecibo beim Senden der Botschaft vor bald 40 Jahren also korrekt auf M13 ausgerichtet war, dann wird sie dort auch in 25 000 Jahren ohne wesentlichen Positionsversatz ankommen. Wie der Verfasser der mittlerweile 13 Jahre alten Webseite von Cornell News zu seiner Fehleinschätzung kam, bleibt wohl ein Rätsel, aber Irren ist bekanntlich menschlich und passiert jedem mal.
Gruß, Peter