Warum verklumpt dunkle Materie nicht ?

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Janus

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Hallo,

mir geht seit einigen Tagen folgendes durch den Kopf.

Ich messe die Rotationsgeschwindigkeit der Galaxien und stelle fest, sie drehen sich zu schnell, um die sichtbare Materie beisammen zu halten.
Also ziehe ich als mögliche Erklärung in Betracht, dass da noch mehr nicht sichtbare Materie sein könnte.

Ich rechne mir aus, dass die Anzahl der schwarzen Löcher, Braunen Zwerge etc. bei weitem nicht ausreichend sein kann und komme zu dem Schluss,
dass die nicht sichtbare Materie, fünf mal häufiger vorkommt und lediglich durch Gravitation mit normaler Materie wechselwirkt. Ich nenne Sie dunkle Materie.

Soweit so gut.

Jetzt würde ich weiter schlussfolgern, dass die dunkle Materie stärker verklumpen müsste als die normale Materie, weil Effekte wie Kernfusion in Sonnen, die für normale Materie einen Gegendruck erzeugen oder Supernovaexplosionen die Materie ins All weg schleudern die dunkle Materie völlig unbeeindruckt lassen müsste.

Nach allem, was ich bisher zu diesem Thema aufgeschnappt habe, verklumpt diese jedoch nicht.
Sie ist nicht einmal in unserem Sonnensystem nachweisbar (auch nicht durch Gravitation) sondern scheint sich zwischen den Sternen mehr oder weniger zerstreut aufzuhalten.

Neutrinos könnten vielleicht eine Erklärung sein, aber kommen diese laut Wikipedia wohl eher nicht als dunkle Materie in Betracht. Stattdessen sucht man nach „Wimps“.

Aber müssten diese nicht entsprechend verklumpen?

Gruß
Uwe

P.S. Ich hoffe Ihr verzeiht mir die ungewöhnliche Einleitung ;)

Link Sonnensystem und dunkle Materie
http://www.weltderphysik.de/gebiet/...unkle-materie-in-der-naehe-des-sonnensystems/
Link Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Dunkle_Materie
 
Hallo,

nun überleg dir doch zum Beispiel was mit normaler Materie passiert wenn diese zusammenfällt und klumpt? Sie erwärmt sich und gibt Strahlung ab. Das ist aber genau das was DM per Definition nicht tun kann.

Zum anderen gibt es zum Beispiel noch den Entartungsdruck von Elektronen der auch gegen die Gravitatoin wirkt. Man könnte etwas ähnliches für WIMPS erwarten. Das ist jedoch nur ne Spekulation.

Hoffe das konnte etwas helfen.

Viele Grüße
Andreas
 
Da niemand weiß, woraus dunkle Materie besteht (oder ob es sie überhaupt gibt), bleibt nichts anderes übrig, die nötigen Eigenschaften an die Beobachtungen anzupassen.
Ist nun mal so. Da sie noch niemand direkt beobachten/nachweisen konnte, wird man damit vorerst leben müssen. Alles andere ist reine Spekulation.

vG
Harald
 
Das ist wohl wahr. Das was du beschreibst ist die Definition.
Mit der Annahme das dunkle Materie nach Definition/Beobachtung, wobei in diesem Fall eher Nichtbeobachtung, nur gravitativ wechselwirkt, kann man einige Überlegungen anstellen.

Die Teilchen haben beispielsweise keine Möglichkeit Energie abzugeben und damit zu kühlen, was für das Klumpen nötig wäre.
Die Geschwindigkeit ist dazu einfach zu groß.

Die einzige Annahme hierbei ist die Eigenschaft das DM nicht elektromagnetisch oder mit der schwachen oder starken WW, wechselwirkt. Über die letzten beiden kann man sich dann noch weiter unterhalten, aber erstmal stimmt das mit Beobachtungen überein.

Viele Grüße
Andreas
 
Danke schon mal fürs antworten. Es hat mir auf jeden Fall schon etwas gebracht.

Mit verklumpen meine ich die Verdichtung jeglicher Art, also z.B. auch die Bildung schwarzer Löcher aus dunkler Materie.

Mir ist natürlich auch klar, dass die dunkle Materie (DM) nicht umsonst ihren Namen hat und
man ja irgendwo suchen muss, um dem Rätsel etwas näher zu kommen oder um gewisse Dinge
und sei es die DM selber als Ursache auszuschließen. Deswegen ist wohl auch ein wenig spekulieren erlaubt.

Nach dem von mir oben verlinkten Artikel ist in unserem Sonnensystem keine DM beobachtbar.

Wie könnte man es sich erklären, dass die DM im Sonnensystem nicht zu finden ist,
zwischen den Sternen aber schon ? Oder sollte man die kalte DM (z.B. Wimps) ausschließen
und sich zumindest stärker auf die heiße DM (z.B. Neutrinos bzw. ähnliches ) konzentrieren?

Andererseits...Spekulation: Die kalte DM und normale Materie ziehen sich zwar gravitativ an,
aber ab einer gewissen Annäherung stoßen sie sich ab, ggf. gilt die Abstoßung sogar bei der
DM selber und verhindert so die „Verklumpung“ und wirkt dadurch nur in großen Skalen.
 
Hi,

zu dem Paper gibt es einige nette Antworten, zum Beispiel von Scott Tremain
Hier der Link zu dem PrePrint:

http://arxiv.org/abs/1205.4033

hier noch ein anderer der zu einem ähnlichen Ergebnis kommt:
http://adsabs.harvard.edu/abs/2012arXiv1212.3670N

Cold Dark Matter (CDM) ist der Standard. Hot Dark Matter wird von der Struktur nicht favorisiert. Die Struktur hätte sich nicht so entwickelt wie sie es hat.

Zum Verklumpen:
Machen wir ein Gedankenexperiment. Nehmen wir ein mathematisches Pendel, zunächst ohne Reibung. Wenn wir es auslenken schwingt es für immer weiter. Dabei behält es seine Amplitude bei. Nun schalten wir Reibung ein. Was passiert nun? Die Reibung bremst das Pendel, aber wohin geht die Energie? Sie wird in Wärme umgewandelt, die an die Umgebung abgegeben wird. Dies geschieht durch Wärmestrahlung und Wärmeleitung in der Aufhängung. (Stark vereinfacht natürlich)

Das selbe geschieht beim Kollaps von Gas- und Molekülwolken. Können diese nicht kühlen wird der thermische Druck (thermische Geschwindigkeit) zu groß und wirkt dem Kollaps (Gravitation) entgegen. Erst wenn die Wolke Strahlung abgeben kann, kühlt sie und kann weiter kollabieren. Übrigens eines der großen Probleme der ersten Sterne.

Was ich damit klar machen möchte: Um zu "Verklumpen" muss man Energie dissipieren, was DM nicht tun kann, zumindest nicht via EM-Strahlung, sonst würde man sie sehen. Also kann DM nicht "langsamer" werden und wird nicht verklumpen.

Hoffe die Gedanken helfen etwas. :)

Viele Grüße
Andreas
 
Da pump ich noch meinen Fahradreifen auf und komm nicht drauf, dass
Verdichtung Wärme erzeugt. Klingt einleuchtend. Danke da für.

Werde ich mir durch den Kopf gehen lassen. :biggrin:
 
Ich möchte noch eine weitere Spekulation hinzufügen :

Stelle Dir eine Menge Seifenschaum vor. Nun setze an Stelle der Luft die DM und an Stelle der Seife die baryonische Materie ( aus der wir bestehen). Würdest Du nun ein Schichtmodell erstellen, so würde das verblüffend unseren Simulationen vom Aussahen des Universums ähneln.

Als Nebeneffekt würde das 'verdrängen' der B(aryonischen)M(aterie) durch die DM auch gleich erklären wie sich überhaupt die Galaxien so schnell bilden konnten. Die dichtere DM drängt die BM zusammen, die Gravitation besorgt den Rest.

Die DM sammelt sich also in den Leerräumen. Leer weil wir die DM ja optisch nicht erfassen können ?

Warum finden wir keine DM im Sonnensystem ? Weil zum Glück keine DM mehr hier ist. Nach der o.A. Spekulation hat sich die DM ja 5 - 6x schneller zusammengeballt als die BM. Es ist also schlichtweg keine DM mehr hier. Ich schreibe zum Glück, den wenn auch unser Sonnensystem mit DA angefüllt wäre, müssten auch die Umlaufbahnen der Planeten anderes sein. Die uns bekannten Keplerschen Gesetze hätte es nie gegeben und ob stabile Planeten / -bahnen möglich wären ? Ich weis es nicht. Um das zu berechnen fehlen mir einfach die mathematischen Kenntnisse. Trotz aller Spekulation möchte ich ja ehrlich bleiben :pfeif:

Viele grüße
Detlef
 
Hallo Detlef,

nun bei deiner Spekulation gibt es ein kleines Problem:
Dark Matter wirkt gravitativ. Gravitation ist mit positiven Massen nur anziehend. Also kann die Dark Matter die Baryonische nicht verdrängen, vielmehr bildeten die Dark Matter Teilchen früher Gravitationspotentiale in die die normale Materie gefallen ist.
Alleine von der Wechselwirkung ist das nicht möglich.

Zum Sonnensystem: Ich habe oben bereits zwei Paper verlinkt (zwei unabhängige Methoden) die aufzeigen das die DM Dichte im Sonnensystem gut mit dem Standardmodel übereinstimmt. Also kein echtes Problem.

Die Planetenbahnen sind auch mit DM möglich, was daran liegt das man eine homogene Verteilung auf Skalen wie dem Sonnensystem ansetzen kann. Sprich, das gesamte Potential wird an jeder Stelle etwas vertieft.

Viele Grüße
Andreas
 
Hallo Andreas

Danke für die Info's.

Wie gesagt, nur eine Spekulation und keine echte Theorie, außerdem wäre sie ja damit bereits widerlegt. :Trost:

Ein schönes WE und endlich mal wieder CS
Detlef
 
Hallo Andreas,

schön, dass auch die Profis Daten unterschiedlich interpretieren. Mein Englisch ist wohl etwas eingerostet, aber soweit ich den Beiden von dir verlinkten Papern entnehmen konnte widersprechen Sie dem Ergebnis von dem von mir verlinkten Artikel. Es bleibt spannend.

Die Kalte dunkle Materie wird favorisiert (CDM). Wenn diese keine Wärmestrahlung zeigt, sich aber gravitativ anzieht, dann müsste sie ja auch mit sich selber nicht wechselwirken. Könnte man sich die CDM, von den Eigenschaften her, als ein schweres Neutrino vorstellen?

Oder anders gefragt. In Cern wird auch nach der DM gesucht. Um danach suchen zu können müsste man ja eine gewisse Vorstellung haben wie so ein Teilchen aussehen könnte.

Ich hab hier für einen Laien wie mich eine übersichtliche Seite über den Teilchenzoo entdeckt.
http://jumk.de/teilchenzoo/myon-neutrino.php

Die DM steht dort übrigens, etwas abseits (oben rechts). :)

Wo ordnet man die DM annäherungsweise ein, um in Cern suchen zu können?

Gruß
Uwe
 
Jetzt bin ich noch auf diesen Artikel gestoßen
http://www.spektrum.de/alias/teilchenphysik/auf-der-jagd-nach-der-dunklen-materie/1062408

Danach scheint man in Cern keine wirkliche Vorstellung von der DM zu haben.

Laut dem Artikel könnte man dieses Teilchen nur durch das Fehlen seines Signals im Detektor und dem resultierenden energetischen Ungleichgewicht nachweisen. Um solche Teilchen zu finden, sucht man nach Kollisionen, bei denen zwei oder mehr hochenergetische Teilchenjets entstehen und deutlich Energie zu fehlen scheint.

Wie war das noch ? Es bleibt spannend. :/
 
Hallo zusammen,

es freut mich natürlich wenn ich mit meinen Gedanken zu dem Thema etwas Licht ins "Theoriechaos" bringen kann.

Nun Step by Step. Die beiden Paper widerlegen das von dir verlinkte Paper, ja.
Der zweite Punkt: DM hat schon ne Wechselwirkung mit sich selbst, namentlich durch Gravitation. Jedoch sind die Geschwindigkeiten dabei so hoch das sie nicht verklumpen. Hier kann ich an sich nur eine der inzwischen zahlreichen Simulationen empfehlen. Zum Beispiel die Milleniumsimulation: Dort sieht man nur DM und man hat auch Bereiche höherer Dichte -> Galaxienhaufen, allerdings erkennt man auch die deutliche Bewegung der Teilchen.

So nun noch zum letzten. Es gibt zumindest Ideen was es sein könnte. Im SUSY Modell (Supersymmetry) gibt es zu allen Teilchen die wir kennen weiter Teilchen, mit leicht anderen Eigenschaften. Beispielsweise die WIMP's. Das leichteste dieser Teilchen, das Neutralino besitzt nach dieser Theorie einen Großteil der Eigenschaften von DM. Nun wird am CERN versucht diese Art von Teilchen zu erzeugen, was hohe Strahlenergien und "Luminosities" (nicht zu verwechseln mit der Luminosity in der Astronomie). Man hofft darauf, ob man sie dann findet steht aber noch nicht fest.

Es gibt daneben aber noch andere Experimente die direkt die DM im Sonnensystem nachzuweisen. Dabei wird ein extrem kleiner Wirkungsquerschnitt für die WW mit normaler Materie angenommen. Dies erwärmt beispielsweise einen auf Supraleitung gekühlten Kristall, der gerade an der Sprungtemperatur ist. Was dann folgt ist das er nicht mehr Supraleitend wird und einen Widerstand aufweist. Der Unterschied hier ist so groß das selbst kleinste "Kollisionen" nachgewiesen werden können.
Beispielsweise
XENON: http://xenon.astro.columbia.edu/
oder
DAMA: http://people.roma2.infn.it/~dama/web/home.html
wobei man hier aufpassen muss, da XENON als neueres anscheinend Messungen liefert die gegen DAMA sprechen.

Also wie du schon sagtest: Alles noch sehr spannend. Und das wird es auch noch ne ganze Weile bleiben.

Nebenbei: Neutrinos wurden auch erst indirekt eingeführt. Auf Grund von Energie und Impulserhaltung wurde beim Betazerfall das Neutrino postuliert ;)

Viele Grüße
Andreas
 
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