Wie geht ihr mit Leitungen, die durchs Bild wandern, um?

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Gerrit Erdt

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Moin Leute,

nach langer Zeit melde ich mich hier mal wieder aus der Versenkung :)

Ich habe hier ein paar ältere Daten von M33, die ich während nahezu Vollmond aufgenommen habe. Die Kamera ist eine 100d, die an einem Tamron 70-300mm Objektiv bei 70mm und F/5 hängt. Jedes Bild wurde bei ISO 3200 60 Sekunden lang belichtet.

Beim Stacking stoße ich jedoch auf ein durchaus unschönes Problem. Und zwar hängt bei mir irgend eine Art von Kabel einmal quer über dem ganzen Garten. Und natürlich ging dieses Kabel bei mir einmal komplett durch die Aufnahme durch....

Insgesamt konnte ich 116 Lights sammeln. Dabei sind die ersten 57 Lights noch komplett ohne dieses Kabel aufgenommen worden, danach wandert es dann für den Rest der Aufnahmeserie durch etwa 2/3 des Bildes durch.

Beim Stacking in PixInsight hatte ich die normale PixelRejection und auch die Large Scale Rejection aktiviert, in der Hoffnung dieses lästige Kabel so loswerden zu können. Pustekuchen, hat natürlich nicht geklappt.

Hier könnt ihr das Ergebnis vom Stack bewundern (ABE und Autostretch):
M33 Integration.jpg


Und zum Vergleich, so sieht ein Einzelbild aus:
M33 Einzelbild.jpg


Eigentlich hätte ich, vor allem auch in Anbetracht der Menge an normalen Bildern erwartet, dass PixInsight das Ganze besser hinbekommt. Klar, so eine Leitung kriegt man nie komplett weg. Aber zumindest etwas besser hätte das ja vielleicht gehen können, oder?

Habt ihr da irgendwelche Tipps, wie ich das schaffen kann?

CS Gerrit
 
Hi Gerrit,
das Problem hab ich auch, ne Stromleitung mit drei Kabeln neben meinem Balkon... Ich dachte genau wie Du, dass sich das irgendwie rausmittelt (ich hab APP), musste aber die Aufnahmen wegwerfen... Seitdem hör ich vor dem Kabel auf und fortografier was anderes ;-)
 
Hallo Gerrit,

Hätte aus dem Bauch raus erwartet, dass das ggf. rausgerechnet wird. Scheinbar nicht. Ändert mehr Versatz was ( nur jedes10. Bild stacken). Falls ja, dass dann in versetzten Paketen stacken und dann die Paketstacks wieder stacken? Die Wahrscheinlichkeit ist vermutlich gering, aber vielleicht kommt der Algorithmus damit besser klar.

CS
Dirk
 
Hallo Gerrit,

man müßte z.B. in Pixinsight beim Sigma-Clipping mit den Sigma-Werten spielen. Also bei den Einstellungen eventuell den Sigma-Wert verringern, damit das Sigma-Clipping restriktiver ist und die dunkle Stromleitung rausfliegt. Da hilft ausprobieren. Am besten einen Bildauschnitt zum Teststacken wählen und dann mit den Parametern spielen. Das ist quasi das umgekehrte Problem wie eine zu helle Satellitenspur.

Gruß

*entfernt*
 
Hallo,
vielleicht mal den "sigma low" Wert verringern. Dadurch wird die Rejection zu dunkler Pixel aggressiver.
Ich könnte mir vorstellen, dass die unscharfen Ränder der Leitung nicht voll erfasst werden.
Satellitenspuren oder hot/cold Pixel sind ja deutlichere Ausreißer als die Leitung
Gruß
Thomas
 
Hallo,

danke für die vielen Tipps.

Stacks mit kleineren Gruppen sind eine Idee, die ich mir noch ganz gut vorstellen kann. Dann liegt die Leitung nicht zweimal direkt nebeneinander, wobei Teile überlappen, sondern komplett auf separierten Pixeln.

Eine Veränderung der Sigma Werte hatte ich mal flüchtig probiert, aber dann schnell verworfen, weil da erstens nicht viel Verbesserung erkennbar war, und zweitens auch viele andere Pixel mit entfernt wurden, was natürlich deftig auf das Signal geht. Aber ich werde das noch mal mit mehr Zeit probieren. Vielleicht war ich einfach zu hastig.

Oder eine Kombination aus beiden Methoden.

CS Gerrit
 
Hallo Gerrit,

das Problem dürfte hier wirklich der unscharfe Randbereich der Leitung sein, die die Pixel Rejection wohl zu sehr erschwert.

Die Lösung liegt darin, die Leitung mitsamt der Randbereiche aus den betroffenen Bildern komplett auszuschwärzen, also den Pixeln den Wert 0 zuzuweisen. Klassischerweise hat man es mit irgendwelchen Wanderfusseln zu tun, die sich auf einigen Bildern herumtreiben, wenn man zu dieser Methode greift. Die maskiere ich in Pixinsight mit Ellipsen aus dem GAME-Script von Hartmut Bornemann und lasse von diesem Script dann Versionen der betroffenen Frames mit der Funktion "Write shapes to Files/Views" schreiben, die eben richtig schwarze Aussparungen an die Stellen macht, die maskiert sind.
In diesem Fall müsste man mal überlegen, wie man vielleicht PixelMath dazu bringt, das sich gleichmäßig über das Bild bewegende Kabel automatisch zu schwärzen. Alternativ kann man auch das GAME-Script benutzen und nimmt sich dann Bild für Bild mit Multipoint-Masken vor. Sieht dann etwa so aus:
1637545916767.png

Macht nix, wenn man ein bisschen zu großzügig schwärzt. Die Gradienten im Randbereich müssen komplett mit geschwärzt werden.
Hat man dann alle Kabel in allen Bildern ausgeschwärzt, speichert man (Kopien) der so veränderten Dateien und lädt diese zusammen mit den fehlerfreien Bildern in die ImageIntegration von Pixinsight. Die ursprünglichen Kabel-Bilder lässt du dann natürlich weg. Dann stellst du alles wie gewohnt ein. Also vor allem bei "Pixel Rejection(1)" den Rejection-Algorithm und achtest aber darauf, dass zusätzlich "Clip low range" aktiviert ist.
Dann stellst du in "Pixel Rejection(2)" unter dem Wert "Range Low" "0.000000" ein. Das sollte da eigentlich schon so stehen.
Dann stacken und man sieht nichts mehr von den Leitungen. Das funktioniert gut, solange man eine ordentliche Anzahl fehlerfreier Bilder hat. Das ist bei dir wohl der Fall.

Viel Erfolg. Ich würde gerne das Ergebnis sehen, falls du es versuchst.

Gruß
Sebastian
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi Sebastian,

Das klingt doch mal vielversprechend!

Wenn ich heute mittag genug Zeit finde, dann probiere ich das direkt mal aus. Das Ergebnis kann ich dann gerne hier zeigen.

CS Gerrit
 
Moin!

Das Problem habe ich auch. In meinem Fall sind die Leitungen direkt über dem Teleskop und kosten mich ca. 30 Minuten Belichtungszeit.
Neben einem Gradienten, den die recht hellen Leitungen (Dank älterer Straßenbeleuchtung) verursachen, gibt es noch das Problem eines zusätzlichen "Spikes" der dadurch an Sternen entsteht, was APP oder PI nicht rausrechnen.

Hilft also nur Aussortieren.

Je nach Uhrzeit nutze ich diese "Pause" um Flats zu erstellen. :)

1637564379721.png


CS Markus
 
erste reaktion meinerseits: vermeiden!
zweite reaktion wie bereits weiter oben beschrieben: die bilder einzeln mit schwarz oder weiss bearbeiten, die linie mit 0% oder 100% helligkeit übermalen. dann hat man mit dem sigma eine chance.
lg
andreas
 
Hallo andreas!

die linie mit 0% oder 100% helligkeit übermalen. dann hat man mit dem sigma eine chance
Nein, so läuft das in dem von mir beschriebenen Falle nicht. Also zumindest mit der Sigma-Rejection hat das nichts zu tun. Was ich beschrieben habe führt dazu, dass PI schwarze Pixel (die ja sowieso in einem Bild nicht vorkommen sollen) grundsätzlich nicht als Bildinhalt ansieht. Wenn also 5 Bilder gestackt würden und nur bei einem hatte ein Pixel einen Wert von größer als 0, dann würde er hier nicht statistisch zur 4x vorhandenen 0 greifen, sondern den einen Pixelwert ungleich 0 auswählen. Damit hat man die Bearbeitung selber in der Hand.

Aber natürlich sollte man versuchen, das Problem von Anfang an zu vermeiden.

Gruß
Sebastian

PS: Weiß sollte man als Füllfarbe vermeiden, ansonsten werden auch ausgebrannte Sternflächen verworfen. Das will man eher nicht.
 
@Sebastian
danke für die aufklärung, wieder was dazu gelernt.
 
So Leute, inzwischen bin ich mit der Idee von Sebastian deutlich weiter gekommen.

Anstatt mit GAME zu arbeiten habe ich die Bilder alle mittels MMT verarbeitet, sodass nur die Strukturen >128 Pixel übrig bleiben. Bis auf die direkten Randbereiche des Bildes (die ich, da es ein billiges Objektiv ist, eh entfernen muss) läuft das sehr gut, da auch die Verläufe am Rand sehr präzise abgebildet werden. Und noch dazu voll automatisch! :D

Jetzt habe ich einen Ordner mit den originalen Bildern (also mit Leitung drinnen) und einen Ordner mit Bildern, die nur die abzuziehende Leitung darstellen. Jetzt fehlt nur noch der finale Schritt, die Bilder voneinander abzuziehen.

Und da habe ich mal wieder eine Frage an die PixInsight Experten unter euch: Gibt es eine Möglichkeit, das als eine Art Batch Verarbeitung zu machen? Den Ausdruck zur Subtraktion in PixelMath anzuwenden ist ja relativ simpel, aber ich muss ja immer zwei verschiedene Bilder öffnen, dann subtrahieren, das Ergebnis speichern, und dann die geöffneten Bilder wieder speichern.

Wenn ich jetzt nur 10 Bilder hätte, würde ich es ja manuell machen. Aber bei über 130 Bildern dauert das manuell schon eine ganze Weile. Daher wäre es doch sehr erfreulich, wenn sich das automatisch machen lässt.

Und klar, vermeiden ist besser, als es so zu retuschieren. Ich kann man gucken, ob ich die Zeit für Darks oder Flats nutzen kann, aber ich mache mir da aufgrund der Anordnung der Kameras auf meiner EQ6R wenig Hoffnung.

CS Gerrit
 
Hallo Gerrit,

ich weiß nicht, ob ich mich da mal wieder zu schwurbelig ausgedrückt habe (bestimmt).
Wenn du Bilder hast, auf denen jetzt die Leitung überall schwarz übermalt ist, dann nimmst du genau diese Bilder und stackst sie mit den Bildern zusammen, die du gewonnen hast, bevor das Kabel ins Sichtfeld kam. Du musst da keine Bilder irgendwie voneinander abziehen. Die schwarzen Balken werden automatisch ignoriert.
Wichtig ist nur, dass du beim Prozess "ImageIntegration" eben die Einstellung "Clip Low Range" aktivierst. Die Bilder auf denen das Kabel zu sehen ist, können im Grunde weg.
Ich bin jetzt nicht an meinem richtigen Arbeitsplatz, sonst würde ich da nochmal Screenshots machen.

Gruß
Sebastian
 
Oh, ich lese gerade nochmal richtig. Du hast MMT verwendet. Das wird dir nicht helfen. Du kannst und musst das wirklich problemlos alles scharfkantig mit einem schwarzen Balken überschreiben.
Alles andere wird nicht funktionieren, denke ich.
 
Und nochmal hallo!

Das mit der Verarbeitung von massenweise Bildern, bei denen immer Bild2 von Bild1, Bild4 von Bild3, BildN+1 von BildN abgezogen werden soll hat mich auch interessiert. Ich hätte erwartet, dass sowas irgendwie mit Pixelmath und einem oder zwei Containern geht, aber das scheint nicht richtig zu sein. Anscheinend ist dazu schon ein Script nötig.
In dieser Diskussion wurde eine Lösung für genau das Problem gezeigt.

Ich dachte, du hättest "nur" etwas über 50 Bilder zu bearbeiten. Ich sehe ein, dass der Aufwand bei wesentlich mehr Aufnahmen dann vielleicht wirklcih etwas höher ist, als die Strafe, die du für das Aufnehmen eines Kabels verdient hast. :p

Gruß
Sebastian
 
Hi Sebastian,

danke für den Tipp mit dem Script! Da setze ich mich diese Woche noch mal dran, und gucke mal, ob meine Programmierkenntnisse ausreichen, um das anzupassen. So auf die schnelle betrachtet sollte das kein allzu gigantisches Problem darstellen.

Ich habe gerade eben mal mit meiner auf deiner Idee beruhenden Methode (MMT verwenden, um die Struktur zu extrahieren, und dann per PixelMath eine RangeMask daraus erstellen, die dann abgezogen wird) einen proof of concept mit 10 Bildern gemacht. Hier ist das Ergebnis:
M33 Integration Edited.jpg


Das ist noch weit von perfekt entfernt. Aber ich denke mal, mit mehr als nur 10 Bildern, vor allem auch Bildern, die überhaupt kein einziges Kabel beinhalten, geht da noch etwas. Die Schattierung unten rechts kommt von einer zu flüchtig gemachten ABE...:cautious:

Zur Beurteilung ist hier noch mal eines der Bilder, was das Kabel darstellt:
Mask.jpg


Die invertierte Version hiervon habe ich vor dem Stacking von jedem Light abgezogen.

In Anbetracht der Tatsache, dass das Kabel hier bereits komplett schwarz ist, und nicht nur das Kabel, sondern auch der unscharfe Randbereich umfasst wird, denke ich, dass ich hiermit fast genauso präzise bin, wie mit manuellem Maskieren. Viel besser lässt es sich damit wahrscheinlich kaum erreichen, dafür würde der Aufwand aber um ein vielfaches steigen, da ich dann alles manuell machen müsste.

Und ja, ich stimme dir zu, ich finde auch, dass ich damit schon mehr als genug Buße für mein Vergehen geleistet habe ;)

In diesem Sinne endlich mal wieder mondfreie klare Nächte!
Gerrit
 
Hi Gerrit,

hmm, hätte ich nicht gedacht, dass das so trennscharf gelingt, selbst wenn man berücksichtigt, dass das Kabel ja ein sehr deutliches Bildelement ist. Ok, dann wird das so auch klappen, denke ich. Das Zwischenergebnis sieht ja auch so aus, wie man sich das wünschen würde.

Das mit dem Script sollte man sich eigentlich sowieso mal ansehen. Pixinsight ist ja gerade wegen solcher Features so unschlagbar. Aber ich gebe zu, dass ich das auch noch nicht versucht habe. Immerhin ist das Script aus dem Link ja für genau das, was du auch machen willst gemacht worden. Das sollte also anpassbar sein.

Ich wünsche in jedem Fall viel Erfolg.

Gruß
Sebastian
 
Hallo!

Noch ein kurzer Nachtrag:
Vor Jahren habe ich mir ein Verzeichnis angelegt, in dem ich solche Kniffe oder auch Workflows oder verschiedene Herangehensweise in Textdateien stichpunktartig sammele. Bei diesem Verfahren wusste ich absolut nicht mehr, wo ich das her hatte. Ich schreibe mir das nicht immer dazu. Aber es ist nicht meine Idee gewesen, das so zu machen.
Tatsächlich habe ich vorhin die Quelle ganz zufällig wieder gefunden: Es ist wie so oft ein Video von Adam Block, in dem er das Verfahren beschreibt. Der Urheber sei also hiermit erwähnt und ihm 1000 Mal gedankt. Ich wünschte, ich könnte mir den Zugang zu seinen weiterführenden Tutorials erlauben, aber schon die kostenlosen Youtube-Videos sind eine phantastische Quelle.

Gruß
Sebastian
 
Hallo zusammen,

nochmal vielen Dank für eure Hilfe, ohne euch wäre ich nicht auf diese geniale Idee gekommen!

Mittlerweile kam ich mal dazu, mich darum zu kümmern, das Script auf mein konkretes Problem anzupassen, und anschließend alle Bilder zu stacken. Ich hatte ja mit deutlich weniger Störungen, als in meinem proof of concept Bild gerechnet, aber das Ergebnis hat mich echt umgehauen. Schaut selbst:

M33 integration ohne Leitung.jpg


Obwohl ich das Bild schon recht kräftig gestreckt habe, um zu gucken, was noch von der Leitung übrig ist, kann man selbst beim Zoomen absolut nichts mehr davon erkennen. Es sieht auf dem Stack so aus, als wäre sie nie dagewesen! Und an den Sternen kann man auch kaum was von der Leitung erkennen. Also weiß ich jetzt, dass ich mir darum in Zukunft nicht mehr allzu viele Sorgen machen muss.

@TriffiD Ja, so ein Archiv sollte ich mir auch mal langsam anlegen. Da gammelt schon so einiges an Erinnerungen und Process Icons vor sich hin, die sonst irgendwann in Vergessenheit geraten.

CS Gerrit
 
Hallo!
Das ist ein schönes Beispiel, inwiefern Pixinsight als Bearbeitungssoftware für Astro-Fotos andere Lösungen relativ gnadenlos an die Wand spielt. Richtig angewandt löst es einen Haufen Probleme aber die richtige Anwendung muss man eben erst lernen und im Grunde auch verstehen, was da passiert. Mit dem Kauf ist es nicht getan.
Freut mich, dass das für dich so einen guten Job gemacht hat. Ich habe auf die Weise nur mal einen Fussel beseitigt, der in der ersten Hälfte einer Nacht im oberen Bereich des Sensorfensters lag und dann später nach unten fiel. Wenn man genug Fotos hat, die den gestörten Bereich ohne Fehler zeigen, dann ist eben nichts mehr zu sehen. Andernfalls rauscht es an den überdeckten Stellen etwas stärker.

Gruß
Sebastian
 
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