Zeiss Mono Classic 3x12 B

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einser00

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Hallo zusammen,

bei der hier häufig diskutierten Frage, welches High-end-Dachkantglas zu favorisieren ist, ist ein Aspekt (soweit ich das überblicken kann) noch nie eingeflossen:

Neben Swarovski bietet Zeiss für die Victory und Classic Modelle die Option, durch Ansatz des monokularen Fernglases 3x12 B aus z.B. einem 10x42 ein 30x42-Monokularglas zu machen. Zeiss schreibt hierzu: "Das Sehfeld entspricht dem von Spektiven mit entsprechender Vergößerung. Dank B-Okular auch für Brillenträger voll überschaubar".

Der Listenpreis von 279,-EUR zzgl. 12.-EUR für den Adapter ist zwar saftig, aber wenn es denn wirklich ein Spektiv erspart...

Wer hat Erfahrungen mit diesem Monokular gemacht und kann hierzu etwas sagen?

Die Gelegenheit, beim Fachhändler durchzuschauen, ist leider gleich null, zumal Zeiss fast nur über Optiker und Waffenhandel vertreten ist und die Optiker regelmäßig keine Auswahl vorrätig haben.

carpe noctem
Matthias
 
Hallo,

das System stellt eher eine Notlösung dar und ersetzt keinesfalls ein gutes oder sehr gutes Spektiv der Oberklasse, wobei es hier natürlich auf den Einsatzbereich und die Ansprüche ankommt. Ich konnte es einmal tagsüber testen und war nicht sehr begeistert (Sehfeld/Helligkeit), aber was will man bei einem 3fach geboostetem 10x56 auch erwarten.. Für Astrozwecke erscheint es mir wenig hilfreich zu sein (konnte es aber nicht testen!).
Das 3x12 ist nicht wasserdicht, eben ein "Classic".
Die Idee und Umsetzung ist einfach und gut, auch ich war davon Anfangs begeistert. Der Gebrauchsnutzen war für mich eher bescheiden.

Grüße

Robert
 
Hallo Matthias,

auf Deinen mir per Direkt-eMail übermittelten Wunsch hin klinke ich mich hier gern ein. Alexander hat Dir schon mit seinem Link eine gute Informationsquelle geboten. Was dort steht, deckt sich weitgehend mit meiner Erfahrung, so daß ich nicht alles dort Gesagte wiederholen muß.

Daß der Swarovski-Booster dort etwas besser als das Zeiss-Monokular abschneidet, liegt nicht an diesen beiden Produkten oder daran, daß das Zeiss-Mono ursprünglich für einen anderen Zweck konstruiert worden ist, sondern schlicht und einfach daran, daß hier die Ausgangsvergrößerung nur 10fach, beim Swarovski jedoch 15fach war. Die Limitierung der Schärfe erfolgt in erster Linie durch die Grenzen des ursprünglichen Fernglasbildes. Die Schärfe der Booster ist nämlich bis auf eine leichte Randunschärfe (beim Zeiss etwa ab 70 Bildhöhe einsetzend, über den Swaro-Booster kann ich nichts sagen) völlig untagelig. Aber die Ferngläser sind nicht für nachträgliche Vergrößerung optimiert, sondern so, daß sie mit bloßem Auge betrachtet ein scharfes Bild liefern. Daß die Ferngläser von Swarovski und Zeiss ausreichende Schärfereserven weit über diese Erfordernisse hinaus bieten, die für 2fache oder gar 3fache Nachvergrößerung ausreichen, spricht für diese beiden Fabrikate.

Ich hatte mir das Zeiss-Mono nicht primär als Fernglasbooster zum Zweck eines Spektiversatzes gekauft, sondern in der Reihenfolge der Wichtigkeit aus folgenden Gründen:

1. Um es immer in meiner Fototasche (bei minimalem Platzbedarf: nur wenig dicker und kürzer als ein Daumen!) mitzuführen und bei Bedarf einen Fernglasersatz zu haben. Ich nehme es auch gerne beim gelegentlichen Schaufensterbummel mit meiner Frau mit, um weit hinten im Schaufenster plazierte und darum mit bloßem Auge nicht mehr lesbare Preisschilder entziffern zu können.

2. Um damit zugleich auch eine leistungsfähige Lupe mit über 4facher Vergrößerung und großem Betrachtungsabstand (Naheinstellungf bis 20 cm!) zu haben, mit der man z.B. Blüten, Blätter und Kleintiere (vorzugsweise Insekten) in der Natur stark vergrößert betrachten kann, ohne sich selber Schatten zu machen oder die Tiere in die Flucht zu schlagen.

3. Um es im Einsatz als Booster vor jedem Fernglasokular zur besseren Beurteilung der Fernglasschärfe einsetzen zu können, wenn ich Ferngläser teste; denn wenn das Bild auch noch bei 3facher Nachvergrößerung scharf ist, kann ich das Fernglas bei normalem Einsatz (ohne Booster) getrost als perfekt scharf bezeichnen. Wenn aber die Schärfe dann nachläßt, kann ich die Schärfeunterschiede zwischen verschiedenen Fernglasmodellen dank 3facher Vergrößerung wesentlich präziser erkennen.

4. Nur als willkommenen Zusatznutzen betrachte ich die Boosterfunktion in Kombination mit meinem großen Ultravid 12x50 BR, die mir einen Spektiversatz bietet, wenn noch höhere Vergrößerung nötig wird, ich aber kein Spektiv dabei habe. Auch der Booster-Einsatz am Okular einer Spiegelreflexkamera als sog. Sucherlupe (die wegen der Funktionsweise eigentlich Sucherfernrohr heißen müßte) zur präzisesten Scharfeinstellung bei Reproduktionen ist möglich.

Der Boostereffekt rangiert also bei mir in der Prioritätenliste erst an letzter Stelle, auch deshalb, weil ich mit dem Zeiss 30x60 BGA (einem hochinteressanten Gregory-Spiegelsystem!) ein exzellentes Spektiv geringen Gewichts und außergewöhnlicher Kompaktheit sowie unübertroffener Schärfe habe. Aber es kommt halt in der Praxis oft vor, daß ich das Spektiv nicht mitführe, denn ich laufe ja nicht immer nur als Lastenträger durch die Gegend, sondern empfinde manchmal schon allein das Fernglas als störende Nutzlast. Vielmehr nehme ich das richtige Spektiv nur bei besonderen Gelegenheiten mit, etwa beim Besuch eines Vogenschutzgebietes oder eines Aussichtsturms auf einem Wochenendausflug.

Das Zeiss-Mono wird mit einem Adapter für bestimmte Victory-Ferngläser geliefert, der leider an meinem Ultravid nicht paßt. Aber es fügte sich sehr glücklich, als ich mein Ultravid mit „Butler-Creek"-Okularschutzklappen (Größe 17, falls es jemand nachmachen will) austattete , daß darauf das Mono sogar ohne Adapter paßt und auch ausreichend gut hält. Die Butler-Creek-Klappen passen leider in der Originalform überhaupt nicht an die leicht konischen Okularhülsen des Ultravids. Ich mußte den Tubus der Butler-Creek-Klappen um ca. 6 bis 7 mm kürzen und die oben enthaltene Stufe des Innenzylinders mit einem scharfen Grafikermesser vorsichtig konisch zuschnitzen, bis die Butler-Creeks mit ein bißchen Gewaltanwendung stramm auf die Okularhülsen paßten. Ferner mußte ich die Oberkante des Butler-Creek-Tubus unter der Klappe um gut 1 mm kürzen, damit ich mit dem Brillenglas nah genug ans Okular herankomme und nutzbare Pupillenschnittweite erhalten bleibt. Und schließlich mußte ich einen der beiden Aufklapp-Hebel an jedem Butler Creek abschneiden, damit er nicht in den Zwischenraum zwischen den beiden Okularen ragt und dort meiner Nase den Weg versperrt.

Der Innendurchmesser des Butler-Creek-Tubus ist nun bei offener Klappe gerade so groß, daß man das Zeiss-Mono hineindrücken kann und es ausreichend fest drin hält. Keine perfekte, aber eine brauchbare Lösung.

Leider wird, wie schon der Autor von Wild & Hund im oben erwähnten Testbericht sagte, das Gesichtfeld mit dem Zeiss-Mono gegenüber der Betrachtung ohne deutlich eingeengt. Das Zeiss-Mono bietet solo ein Gesichtsfeld von 200 m auf 1000 m bei 3facher Vergrößerung. Vor einem 10fach vergrößernden Fernglas werden daraus 20 m auf 1000 m bei 30facher Vergrößerung, im Falle meines 12x50 sogar nur 16,7 m auf 1000 m bei 36facher Vergrößerung. Das scheinbare Gesichtsfeld liegt bei bei ca. 34°, was von Weitwinkel sehr weit weg ist. Mein Zeiss 30x60 BGA dagegen bietet ein scheinbares Gesichtsfeld von über 60° bei perfekter Schärfe bis zum Rand! Der Spektiversatz mit Hilfe des Zeiss-Monos ist also in der Tat nur ein Notbehelf - aber in vielen Fällen eben doch hundert man besser als keiner.

Ich möchte dieses optische Multifuktionsgerät trotz dieser Einschränung nicht mehr missen.

MfG Walter E. Schön
 
Hallo Robert, Alexander und Walter,

einen herzlichen Dank für Eure Ausführungen und Informationen zu meiner Frage. Wenn man bedenkt, daß dieser "Notbehelf" mit Adapter fast 300,-EUR kosten soll und ich als "Immerdabeiglas" noch ein Leica 10x25 habe, werde ich das Geld lieber in die Komplettierung meines Okularkoffers stecken <img src="/phpapps/ubbthreads/images/icons/wink.gif" alt="" /> .

carpe noctem
Matthias
 
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