Hallo,
mir ist aufgefallen, dass die naive Vorstellung vom Inneren eines Schwarzen Lochs und der Singularität ziemlich verkehrt ist (es geht nur um die bekannte, klassische Schwarzschild-Lösung, nicht um neue Physik, wie Quantengravitation). Durch eine Bemerkung in diesem pdf
www.damtp.cam.ac.uk/user/hsr1000/black_holes_lectures_2020.pdf
auf Seite 27 bin ich auf diesen Artikel gekommen
(es gibt auch andere Artikel, in denen das beschrieben wird, z.B. in Abschnitt II in
[1806.05795] Effective dynamics of the Schwarzschild black hole interior with inverse triad corrections). Siehe auch:
Changing places – space and time inside a black hole « Einstein-Online Vielleicht ist das für jemanden interessant.
Außerhalb des Ereignishorizonts gibt es die Zeitkoordinate t, die radiale Koordinate r und die sphärischen Koordinaten φ und θ auf S² (Kugeloberfläche). Die Schwarzschild-Metrik außerhalb des Ereignishorizonts ist statisch, d.h. insbesondere unabhängig von der Zeit t.
Die naive Vorstellung ist, dass der Raum innerhalb des Ereignishorizonts eine Kugel mit der punktförmigen Singularität in der Mitte ist. Das ist aber falsch, da sich innerhalb des Ereignishorizonts das Vorzeichen in der Metrik vor dt² und dr² ändert, d.h. die Koordinate t ist räumlich und die Koordinate r zeitlich (man kann sich das vorstellen, indem man das übliche Bild für die Schwarzschild-Raumzeit mit t nach oben und r nach rechts um 90° dreht, so dass t nach rechts läuft und r nach oben gegen 0 geht).
Der Raum innerhalb des Ereignishorizonts kann daher beschrieben werden durch t, φ, θ (und r=konstant) und hat die Form R x S² (R=reelle Zahlen), d.h. der Raum ist das 3-dimensionale Analogon eines unendlichen langen Zylinders und keine Kugel (nicht zu verwechseln mit dem Vollzylinder R x D² mit der Kreisscheibe D²). Die Metrik auf dem Raum hängt nicht von t ab, insbesondere ist der Raum homogen, aber nicht isotrop (die R-Achse entlang der t-Koordinate ist ausgezeichnet). Der Raum hat keinen ausgezeichneten Mittelpunkt und keine Singularität (zu jedem Zeitpunkt r≠0).
Die Koordinate t entlang der Singularität r=0 ist räumlich, d.h. die Singularität ist räumlich kein Punkt, sondern eine Gerade. Die Singularität liegt nicht an einem ausgezeichneten Ort im Raum, sondern in der Zukunft, da r zeitlich ist (d.h. die Singularität ist kein Punkt im Raum, sondern ein Zeitpunkt in der Zukunft). Da die Singularität in der Zukunft liegt, kann kein Beobachter sie sehen. Die Metrik innerhalb des Schwarzen Lochs hängt von der Zeit r ab, d.h. sie ist nicht statisch.
Die Raumzeit innerhalb des Ereignishorizonts kann daher als ein homogenes, nicht-isotropes Universum (Kantowski-Sachs Raumzeit) verstanden werden mit einem Big Crunch in der Zukunft. Die zwei Dimensionen entlang dem S²-Faktor des Raums ziehen sich zusammen, die R-Achse längs des Zylinders wird gestreckt (anders als bei einem Big Crunch im Friedmann-Modell, bei dem sich alle drei Raumrichtungen zusammenziehen). Am Schluss bleibt vom Raum nur noch die 1-dimensionale Gerade übrig. Alle Beobachter und Lichtstrahlen bewegen sich auf die Singularität zu, da die Singularität in der Zukunft liegt.
Viele Grüße
Mark