45. Woche - Barnard 150 – eine Kette von Dunkelwolken

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Bardnard 150 finden wir im Cepheus, im Gebiet zwischen der bekannten Galaxie NGC 6946 und der HII-Region Sh2-129. Bildautor ist Walter Leonhard Schramböck aus Füllerdorf (Österreich), ein neuer Kollege unter den AdW-Astrofotografen. Wir begrüßen ihn hier ganz herzlich – willkommen! Am 22.10.2022 setzte er einen Skywatcher 130PDS mit 130 mm Öffnung und 650 mm Brennweite ein, dazu eine Farbkamera ZWO ASI533MC-Pro. Belichtet wurde insgesamt 13 h 15 min bei dreiminütigen Einzelbelichtungen. Es handelt sich um ein zweifaches Mosaik, belichtet in drei mondlosen Nächten mit ca. vier Wochen Wartezeit zwischendurch – wetterbedingt und wartend auf klare, mondlose Nächte. Außer einem UV/IR-cut wurde keinerlei Filter verwendet. Weiter schreibt der Bildautor: „ ... keine Manipulation der Sterngröße, nur Farbe und Licht im Postprocessing bearbeitet.“ Nachgeführt wurde an einer Montierung des Typs Skywatcher HEQ5Pro und mittels Off-Axis-Guider von Askar mit Guiding-Kamera ZWO ASI290MM mini. Die Bildfolge wurde gesteuert mit ZWO ASIAIR Pro, dazu auch die elektronische Fokussteuerung von ZWO. Software: Astropixelprocessor, PixInsight, Luminar AI. Das Bildfeld beträgt 1° 27' x 54' mit Norden oben und Osten links.

Edward Emerson Barnard ist der Entdecker dieser heute vorgestellten Kette von Dunkelwolken. Er publizierte 1919 im Astrophysical Journal 49 seine Arbeit unter dem Titel: „On the dark markings of the sky with a catalogue of 182 such objects“. Die Namensgebung B 150 des heutigen Objekts geht also auf diesen Mann zurück. Und 1927 erschien ein weiteres Werk: „A Photographic Atlas of Selected Regions of the Milky Way“. Dieses Buch wurde über die Carnegie Institution Washington vertrieben mit den Autoren E.E. Barnard, E.B. Frost und Mary R. Calvert. Frau Calvert war es, die dann 1934 zusammen mit Frank E. Ross den bekannten „Ross-Calvert“ herausbrachte: „Atlas of the Northern Milky Way“, über die University of Chicago Press.

Barnard selbst schilderte die Dunkelwolke Nr. 150 als „kurvig mit insgesamt 1° Länge“, er nannte sie aber nicht „dark cloud“ oder „dark nebula“, sondern „dark marking“ (dunkle Markierungen). Dunkelwolken bestehen aus interstellarem Staub, der sich mit der Zeit an einigen Stellen gravitativ zusammenzieht und dort Verdichtungskerne (engl. „cores“) bildet. Dunkelwolken treten stets in Verbindung mit Molekülwolken auf (man sagt: Staub und molekulares Gas sind miteinander assoziiert). Insofern sind diese Dunkelzentren mögliche Orte der Sternentstehung. Für optische Wellenlängen sind diese Dunkelwolken Absorber, d.h. die Strahlung von Sternen dahinter kommt nicht hindurch. Mit längeren Wellenlängen werden Dunkelwolken transparenter. Im Zusatzbild 1, erstellt aus dem Himmelsatlas Aladin und dem „Two Micron All Sky Survey“ (2MASS) innerhalb der Datenbank Simbad, ist B 150 im Optischen und im Nahinfraroten gegenübergestellt.

Staub und Gas verdichten sich in den „cores“ immer mehr und erhitzen sich zunehmend. Wird in diesen Proto-Sternen die Temperatur zur Zündung thermonuklearer Prozesse erreicht, kann die Fusion von Wasserstoff zu Helium beginnen. Läuft die Fusion nach anfänglichen Schwankungen stabil, dann haben die jungen Sterne das „Hauptreihenstadium“ erreicht. Dieser Begriff bezeichnet ihre Position auf der Hauptreihe im Hertzsprung-Russel-Diagramm.

Die Dunkelwolken können – je nach Masse und Wechselwirkung mit ihrer Umgebung – auch mehr oder weniger dichte Schleier mit filamentartiger Struktur bilden, sogar mit verschieden verdichteten Kernen. Dann spricht man in der Astronomie von „globular filaments“ (GF). B 150, auch als LDN 1082 katalogisiert, ist ein solches Dunkelfilament mit der Bezeichnung GF 9. Die ausgebildeten Verdichtungskerne können sich im Laufe der Zeit allmählich zu Globulen mit Sternentstehung entwickeln. In B 150 gibt es die folgenden wesentlichen „cores“: LDN 1082A bei (970/1084), LDN 1082B bei (839/1316), LDN 1082C = Dobashi 3158 bei (1738/894), [LM99] 350 bei (2373/1060) und Dobashi 3151 bei (3080/1825). Ein Beispiel für die Core-Dichte: In LDN 1082 C wurde eine visuelle Absorption von 10 Magnituden gemessen! Hier wurde eine IR-Quelle mit der Bezeichnung IRAS 20503+6006 (= WISEA J205129.83+601838.4) gefunden. Hartnäckig forschten einige Astronomen weiter nach dem vermutlich versteckten Stern. Moderne Messmethoden im Bereich der Millimeter-Radioastronomie führten dann schließlich 2019 zum Erfolg. Eine Gruppe japanischer Astronomen suchte bei Wellenlängen von 3,3 mm, 1,1 mm und 0,85 mm und entdeckte einen bipolaren Ausfluss um das Infrarotobjekt. Dieser Ausfluss mit Geschwindigkeiten zwischen 5 und 10 km/s ließ den folgenden Schluss zu: Es handelt sich um einen extrem jungen Protostern im Alter von maximal 4000 Jahren. Seine Masse beträgt nur 0,06 Sonnenmassen – also ein Zwergstern. Im AdW ist an dieser Stelle im Zentrum von LDN 1082 C nichts von irgendeinem Objekt zu sehen.

Anmerkungen: Was sehr schön herauskommt, ist die Farbdifferenzierung zwischen dunklen Cores, ihren braun leuchtenden Rändern und dem nicht bzw. kaum durch Staub verfärbten restlichen Himmelsfeld. Treffend sind auch die Sternfarben. Einige dezent blaue und mehrere orangefarbene Sterne zeigen eine gute Farbkalibrierung. Auch die Objektposition im Bildfeld ist gut gewählt.

Vielen Dank an Walter Leonhard Schramböck für dieses gelungene Resultat. Dazu die Gratulation des AdW-Teams zum Astrofoto der Woche.



Peter Riepe
Bildautor: Walter Leonhard Schramböck



Koordinaten (J2000.0) von Barnard 150:
RA = 20 h 51 min 06 s, Dec = +60° 11' 00''


Vollbild unter: https://www.astronomie.de/neuigkeiten/45-woche-barnard-150-eine-kette-von-dunkelwolken/


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