48. Woche - Der Lagunennebel Messier 8

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Messier 8 ist eine HII-Region im Schützen (Sagittarius, abgek. Sgr). In mitteleuropäischen Breiten (z.B. Deutschland mit rund 50° nördl. Breite) kulminiert dieses Himmelsfeld rund 16° über dem Südhorizont. Heute zeigt uns Frank Weidenbusch seine Version dieses Prachtexemplars. Entstanden ist das Bild in Chile, wo der Schütze hoch durch die zenitnahen Himmelsregionen läuft. Ort der Aufnahmeserie war El Sauce, das Bild entstand im Zeitraum 7.8.2020 – 20.9.2020. Als Teleskop kam ein Takahashi TOA-150 mit 150 mm Öffnung und 1100 mm Brennweite zum Einsatz. Die Kamera, eine Fingerlakes FLI ML-16200, hat einen Bildsensor von 4500 px x 3600 px bei 6 µm Pixelgröße. Das ergibt eine Bildfeldgröße von 84,3' x 67,5'. Wie astronomisch üblich, liegt Norden oben und Osten links. Die Belichtungszeiten betragen: 17 x 30 min für [SII], 16 x 30 min für Hα und 18 x 30 min für [OIII]. Dabei wurden diese Belichtungen wie folgt auf die Farbkanäle verteilt: 25% Hα + 75% [SII] für den Rotkanal, 10% Hα + 25% [OIII] für den Grünkanal sowie 5% x Hα + 60% [OIII] für den Blaukanal.

Der Lagunennebel trägt seinen Namen aufgrund des geschwungenen Staubbandes, das sich durch den hellsten Bereich des Zentrums zieht. In kurzbelichteten Aufnahmen tritt es deutlich hervor. In unserem heutigen AdW sieht man aber, dass die Lagune nicht unbedingt ein markantes Detail ist. Am westlichen Rand des hellen Nebelzentrums zieht sich ein ähnliches Band längs, dies fällt jedoch in diesem lichtschwächeren Bereich weniger auf. Messier 8 misst rund 90 x 40 Bogenminuten. Da seine Entfernung zu 1,25 kpc (ca. 4000 Lj) angegeben wird (Arias et al. 2006), folgt daraus eine wahre Größe von etwa 105 Lichtjahren. Damit zählt Messier 8 zu den Riesen-HII-Regionen. Und wer ist für die Anregung der Gasmassen verantwortlich? Das ist im Wesentlichen der offene Sternhaufen NGC 6530, der rund 70 junge, heiße Sterne der Spektraltypen O und B beherbergt. NGC 6530 ist im AdW schön zu sehen, die östlichen stellaren Mitglieder liegen im Bereich der Pixelkoordinaten (1670/1670). Dazu das Originalbild bitte herunterladen. Ein Teil des Haufens wird aber durch die dunklen Staubmengen im Norden der Lagune verdeckt. Drei Sterne sind es, die für die Nebel-Emission sorgen:

1) Der 5,97 mag helle Stern 9 Sgr bei (2133/1719) ist ein Emissionslinienstern mit dem Spektraltyp O4V. Das ist schon ein Objekt mit beachtlichem Energieausstoß (Sota et al. 2014).

2) Mit 6,87 mag ist auch HD 165052 bei (1181/1751) im östlichen Nebelbereich ein wesentlicher Energielieferant. Er ist ein spektroskopischer Doppelstern. Seine zwei Komponenten haben die Spektraltypen O5.5V und O8V (Sota et al. 2014). Das V hinter diesen Zahlen ist kein „vau“, sondern die Kennzahl 5 für die Leuchtkraftklasse, geschrieben als römische Zahl V = 5. Dabei stellt die Leuchtkraftklasse V einen Stern der Hauptreihe dar, also Heliumerzeugung aus Wasserstoff.

3) Bei (2260/1794) liegt der hellste Teil des Lagunennebels. Hier würde eine längerbrennweitige, aber kurz belichtete Aufnahme eine Struktur zeigen, die als „Uhrglasnebel“ (engl. hourglass nebula) bekannt ist. Der energiereiche Stern Herschel 36 mit dem Spektraltyp O7V – ein Dreifachsystem mit den Spektraltypen O7,5V + O9V + B0,5V (Arias et al. 2010) – hat hier durch starke Sternwinde diese Nebelstruktur generiert.

Noch einmal zur Erinnerung: Für M 8 werden nach Robledo-Rella und Conti (1994) im sichtbaren Spektralbereich folgende Linien beobachtet: die drei hellsten Balmerlinien des ionisierten Wasserstoffs Hα (656,3 nm, rot), Hβ (486,1 nm, blau) und Hγ (434,0 nm, blauviolett), außerdem die türkisen Linien des zweifach ionisierten Sauerstoffs [OIII] bei 495,9 nm und 500,7 nm, dazu der einfach ionisierte Sauerstoff [OI] bei 557,7 nm (grün) und 630,1 nm (rot). Ferner: die hellere Linie des ionisierten Stickstoffs [NII] bei 658,4 nm (rot, direkt neben Hα) und die beiden Linien des ionisierten Schwefels bei 671,6 und 673,1 nm (beide dunkelrot). Das zeigt uns: Die Farbgebung eines Emissionsnebels ist nicht schlichtweg rot wegen Hα, sondern vielfältig farbig überlagert.

Anmerkungen: Das Bild beeindruckt durch seine feine Detailfülle. Die bright rims sind nicht nur an den Rändern der umgebenden dichten Molekülwolke sichtbar, sondern als helle, markante Struktur auch östlich der Lagune. Ferner sind zahlreiche verstreute Globulen vorhanden (bei vergrößerter Sichtweise im Original anschauen), dazu auch etliche Herbig-Haro-Objekte, die aber hier nicht alle bezeichnet werden sollen.

Bei dem Bild handelt es sich um eine Falschfarbenaufnahme, da sie ja nur aus Aufnahmen in engbandigen Spektralbreichen zusammengesetzt ist. Hier wurde aber nicht die häufige Darstellung gemäß der Hubble-Palette gewählt – eine persönliche Entscheidung des Bildautors. Insofern sind Kommentierungen zur Farbe des Nebels überflüssig. Was der Autor zeigen wollte, hat er bravourös geschafft: Eine Super-Ansicht von Messier 8 mit vielen überzeugenden Feinheiten.

Das AdW-Team sagt herzlichen Dank für das Bild und gratuliert Frank Weidenbusch zum Astrofoto der Woche.



Peter Riepe
Bildautor: Frank Weidenbusch



Koordinaten (J2000.0) von HD 202214:
RA = 18 h 03 min 37 s, DE = -24° 23' 12"


Vollbild unter: https://www.astronomie.de/neuigkeiten/48-woche-der-lagunennebel-messier-8/


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