49. Woche - In der Sternenfülle der Milchstraße: IC 1396

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Zugegeben, der Emissionsnebel IC 1396 ist ein häufig gezeigtes Objekt, auch hier als Astrofoto der Woche. Warum bringen wir dann nach der KW 37 jetzt wieder ein Bild von IC 1396A? Ganz einfach: Die Sicht auf den Nebel und sein „Innenleben“ ist hier etwas anders. Klaus Völler (seit kurzem neues Fachgruppenmitglied) gelang zwischen dem 18. und 22.09.2020 in Marburg diese 14,5 Stunden belichtete LRGB-Variante. Teleskop war ein Apochromat EDF130 von Astro Physics mit 130 mm Öffnung und 780 mm Brennweite. Die CCD-Kamera – eine ATIK 16200 mono – ist mit Filtern von Baader bestückt. Belichtet wurde wie folgt: 67 x 6 min (L), 25 x 6 min (R), 28 x 6 min (G) und 25 x 6 min (B). Die Bildbearbeitung erfolgte mit PixInsight. Das Bildfeld der gezeigten Aufnahme beträgt 104,6' x 81,6'. Norden liegt rechts auf 15:30 Uhr, Osten entsprechend oben.

Welche Details zeigt das Bild? Zunächst einmal sind hier die zahllosen Sterne der Milchstraße ein Blickfang, beispielsweise im Vergleich zu einer Aufnahme mit engbandigem Interferenzfilter, wo ja nur das Licht der betreffenden Emissionslinie durchkommt. Tatsächlich liegt IC 1396 in einem hellen und sternenreichen Abschnitt der Milchstraße im Cepheus. Im Bildfeld lässt sich auch schön der weite, offene Sternhaufen Trümpler 37 ausmachen, Seine vielen jungen Sterne regen IC 1396 als HII-Region zum Leuchten an. Jetzt zum Zusatzbild. Es ist um 90° nach links gedreht, so dass zur Orientierung und zum Abgleich mit Bildatlanten wie Aladin Norden oben liegt. Eingezeichnet sind die „bright rims“ mit den Bezeichnungen nach S.R. Pottasch: A study of bright rims in diffuse nebulae; Bulletin of the Astronomical Institutes of the Netherlands 13, 77 (11/1956).

Der Rüssel IC 1396A/B sowie auch IC 1396 C, D und E sind Reste der äußeren Molekülwolke, in der IC 1396 geboren wurde. Im Laufe der Zeit werden sie zerrupft. Dafür sorgt der vom 5,6 mag hellen O6-Stern HD 206267 kommende heftige Sternwind sowie seine starke UV-Strahlung. Auf diese Weise wird auch bei IC 1396 A/B diese kometarische Rüsselform erzeugt, ganz wie in einer Strömung. Zum Vergleich: Während IC 1396 A/B und IC 1396 E einen in Hα rot leuchtenden Rand zeigen, hat die Dunkelwolke Barnard 161 (= LDN 1111) keinen solchen. Dafür ist sie von einem gelblichen Schimmer umgeben, welcher auf Hα-Aufnahmen nie in dieser Farbe, sondern immer nur rot herauskommt.

Jetzt bitte das Original herunterladen und ins Detail gehen: Im vorderen, rundlichen Kopf von IC 1396 A kommt ein helles Loch mit dem darin zentral enthaltenen Emissionslinienstern LkHα 349 schön zur Geltung. Das Loch leuchtet nicht rot, wie wenn nur in Hα fotografiert wird, sondern gelborange, weil innen an den Lochrändern das Licht des ins Gelbe verfärbten F9-Sterns reflektiert wird. Der winzige dunkle Bereich im Loch selbst trägt eine eigene Bezeichnung: Dobashi 3187. Farblich korrekter und auch deutlicher als auf jeder Hα-Aufnahme tritt auch der kleine, blaue Reflexionsnebel vdB 142 in Erscheinung.

Anmerkungen: Ein LRGB-Bild hat immer den Vorteil, die Sterne im Feld zusammen mit den Deep-Sky-Objekten zu zeigen. Das gibt eine gute Abschätzung darüber, wie hell die Objekte in Bezug auf die Sterne sind. Soll jedoch ein Nebel allein in seinen Konturen gezeigt werden, etwa in einer schmalbandigen Aufnahme, dann können die Sterne unterdrückt werden, z. B. indem man sie bei der Bearbeitung des Nebels ausblendet und später nach der Änderung von Nebelhelligkeit und Kontrast wieder einsetzt. Sterne können auch als separate, kurz belichtete RGB-Aufnahmen angelegt werden. Dann kann man sie nachträglich in ein von Sternen befreites Nebelbild einbauen, z.B. ein Nebelbild gemäß der Hubble-Palette. Das sind also rein technische Verfahrensfragen, über die der Astrofotograf aber letztlich selbst entscheidet, denn er fragt sich bei der Bildgestaltung ja doch immer: „Was will ich im Bild eigentlich zeigen? Worauf lege ich die Betonung?“

Klaus Völler hat hier ein Nebelbild mit (!) Sternenfülle gewählt, ohne schmalbandige Hα-Zugabe. Die Folge ist allerdings, dass die Sterne in ihrem äußeren Fuß der Gausskurve mit angehoben werden, wenn die Nebel hochgezogen werden. Daher erscheinen sie (insbesondere die helleren Sterne) etwas „aufgeplustert“ diffus. Ich empfinde das aber nicht unbedingt als Manko.

Vielen Dank an den Bildautor. Das AdW-Team gratuliert herzlich zum Astrofoto der Woche!

Peter Riepe
Bildautor: Klaus Völler



Koordinaten (J2000) von Lk:
RA = 21 h 36 min 50,7 s, DE = +57° 31´ 11´´


Vollbild unter: https://www.astronomie.de/neuigkeiten/49-woche-in-der-sternenfuelle-der-milchstrasse-ic-1396/


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