Projekt: preiswerter Mini Astrograph

joetaiga

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Hallo zusammen,

ich dachte, ich poste mal die Erfahrungen, die ich bei meinem aktuellen Projekt gemacht habe. Ich habe eine Möglichkeit gefunden für kleines Geld einen richtig guten Astrographen zu bauen. Vielleicht animiert das jemand zum Nachbauen und er kann aus meinen Erfahrungen etwas lernen.

Ich habe zufällig beim Stöbern im Internet gelesen, dass der Skywatcher N 114/500 Skyhawk angeblich einen beugungsbegrenzten Parabolspiegel hat und mir das Teil einfach mal bestellt.

Mein Ziel war um den kleinen Spiegel einen vollformattauglichen Newton Astrographen zu bauen. Es ist mit f/4,5 zwar kein Epsilon aber immerhin schneller als mein Apo mit Reducer, den der Mininewton als Fotomaschine ersetzen und wieder für visuelle Beobachtung frei machen sollte.

Meine Hoffnung war, dass ich den Spiegel ausbauen und aus den restlichen Komponenten schon irgendwas anderes sinnvolles machen kann. Aber das kann man vergessen. Ich war nicht mal in der Lage den Newton zu justieren. Alle der Okularauszug verhindert das schon. Aber ich habe dann gesehen, dass der Hauptspiegel auch einzeln zum Verkauf angeboten wird und das Teleskop wieder zurück geschickt und statt dessen den Spiegel bestellt. Eigentlich hatte ich kaum Hoffnung, dass in sowas ein vernünftiger Spiegel verbaut ist.

Zu meiner Überraschung war der Spiegel erstaunlich gut. Ich habe ihn am künstlichen Stern getestet. Es ist tatsächlich ein Parabolspiegel und ich würde mich sogar soweit aus dem Fenster lehnen, dass zumindest mein Exemplar auch beugungsbegrenzt ist. Intern und extern des Fokus sah das Bild praktisch gleich aus.

Die zweite Überraschung war dann, dass der Spiegel gar keine 500mm Brennweite hat, sondern nur 448. Außerdem misst die verspiegelte Fläche 112mm anstatt 114. Der Spiegel ist also ein 4,5" f/4. Das hat zwar erst mal für Probleme mit meinem Konzept gesorgt, dass ich den Brennpunkt sehr nahe am Tubus halten musste um genügend Ausleuchtung für Vollformat zu gewährleisten.

Mit einem extrem kurz bauenden Okularauszug und dem Baader MPCC konnte ich eine Lösung finden, die auch noch Platz für einen Motorfokus bietet. Das war aber echt alles eng und mir wurde relativ schnell klar, weshalb es bei kurzen Brennweiten außer dem Epsilon keine Spiegel im Angebot gibt. Verwendet habe ich einen 50mm Fangspiegel. Die Konstruktion habe ich aus Sperrholz und Alurohren gemacht. Wegen der hohen Lichtstärke sollte die Justage einfach und stabil sein.

Im Frühjahr habe ich einen ersten Prototypen meines Astrographen zusammengebaut. Das Teleskop besteht eigentlich fast nur aus Verschnitt und recycelten Komponenten aus früheren Projekten aller Art. Gekauft habe ich nur die Spiegel, den Auszug und das Flugzeugsperrholz für den Tubus. Die Gesamtinvestition lag bei 450€.
Minimat01.jpg


Mechanisch hat das Teil die Anforderungen soweit erfüllt. Die Justage war einfach, hat aber natürlich nicht gehalten. Ich habe dann jeweils Konterschrauben hinzugefügt und nun hält das Teil die Justage bombenfest.

Eine Ernüchterung war allerdings die optische Performance. Die HFM Werte der Sterne lagen nicht bei den erwarteten zwei Pixeln sondern eher bei 4-6. Das kann eigentlich nicht sein, bin ich doch deutlich im Undersampling. Da der Spiegel meiner Meinung aus Fensterglas ist (zumindest ist das Glas ziemlich grün) habe ich als erste Verbesserung einen Lüfter in die Hauptspiegelhalterung eingebaut. Version 0.1 war nun fertig. Das Bild war nun besser, aber die HFM Werte lagen immer noch bei 3-5 Pixeln. Die Abbildung war schwammig und nicht zufriedenstellend. Hier ist das First Light an M5.
M5_gimp2.jpg


Im Internet habe ich gelesen, dass der MPCC mit kleinen f/4 Spiegeln Probleme hat und zu aufgeblähten Sternen führt. Jetzt war halt die Frage, an was liegt es? An der Optik aus Fensterglas oder am Korrektor? Das Projekt war erst mal auf Eis, da ich durch die nur 116mm Brennpunkt-über-Tubus praktisch keinen anderen Korrektor verbauen konnte.

Vor Weihnachten bin ich durch einen Thread auf den Starizona Nexus aufmerksam geworden, der auch relativ kurz ist und den ich in mein nächstes Projekt, einen 10" f/4 Astrographen, verbauen wollte. Eigentlich sollte der Miniastrograph der Prototyp für den großen werden um meine Ideen für die Mechanik zu testen. Jetzt war die Frage: was tun mit dem Mininewton? Einfach rum liegen lassen, wollte ich das Teil nicht. Plan B war aus dem kleinen Newton einen schönen aber funktionalen Minidobson fürs Wohnzimmerregal zu machen. Dafür hätte ich aber fast alles neu machen müssen. Also habe ich mich entschlossen dem kleinen Newton nochmal eine Chance zu geben und ihn an den Nexus anzupassen.

Gesagt getan habe ich vor Weihnachten die Hauptspiegelhalterung umgebaut. Den Spiegel habe ich höher gesetzt und die Halterung so konzipiert, dass sie die Rückseite des Teleskops praktisch abschließt. Der Lüfter sollte nun hauptsächlich aus dem Tubus saugen und deutlich wirkungsvoller sein als bisher. Der Nexus ragt allerdings immer noch etwas mehr als einen halben cm in den Tubus, ist aber zumindest in der Bildmitte außerhalb des Strahlengangs. Noch weiter raus ging nicht, da ich die Hauptspiegelhalterung aus Holz erstens nicht endlos aufbauen kann und zweitens dann nicht mehr ohne Verlängerungshülse in den Fokus gekommen wäre. Das ganze Ding umzubauen war es mir nicht wert mit dem Risiko, dass das vielleicht alles umsonst ist und das Teil gar nicht funktioniert.

An Heiligabend habe ich morgens den Spiegel eingeklebt...am ersten Weihnachtsfeiertag war schon Clear Sky. Glück muss man haben :D Das ging dann allerdings fast zu schnell mit dem ganzen Weihnachtsstress und ich konnte am Abend nur mit einem EAA Setup arbeiten. D.h. nicht gescheit justiert, kein Guiding, keine Kühlung, keine Darks und für den Lüfter konnte ich im Dunkeln kein passendes Kabel finden. Ganz sausen lassen wollte ich die klare Nacht aber nicht. Wer weiß, wann es um die Jahreszeit wieder Gelegenheit gibt. Gemeldet war die klare Nacht eigentlich auch nicht. Also Teleskop auf die Säule, ASI533 rein, einfach laufen lassen und fertig.

Ich hatte eigentlich nicht nur keine großen Erwartungen sondern gar keine. Mit f/3 war die Blendenzahl jenseits meiner Erfahrungen, justiert hatte ich nur kurz mit dem Laser. Innerlich hatte ich das Projekt ohnehin schon abgehakt. Als Motiv habe ich mir die Plejaden ausgesucht. Wenn die Sterne da vernünftig aussehen, dann sieht alles vernünftig aus. Das Ergebnis war dann doch überraschend. Schon beim ersten Frame wurde ich ganz aufgeregt. Die FWHM Werte lagen bei 1,5-1,6 Pixeln. So sollte das von Anfang an sein. Selbst die debayerte HFM war noch kleiner 2 Pixel. 5h habe ich verwenden können. Das ist das Ergebnis.
M45_Test_2.jpg

Die Tiefe ist zwar der EAA Methode zum Opfer gefallen und im Regenrauschen versunken, aber ansonsten kann man das so stehen lassen. Zumindest habe ich noch nie ein EAA Bild auf dem Niveau gesehen. Die Sterne sehen auch halbwegs ok aus. Ansonsten war aber auch bei dem kleinen Sensor schon die mangelnde Justage und eine kleine Verkippung zu sehen.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag war dann tatsächlich nochmal klar und dieses mal hatte ich tagsüber Zeit mein Fotoequipment umzubauen. Ziel sollte dieses mal NGC 1499 sein, von dem ich noch kein vernünftiges Bild habe, da der Nebel für mein Apo Setup einfach zu groß ist. Hier wurde es wieder spannend, da der APS-C Chip schon ganz andere Anforderungen an Justage, Arbeitsabstand und Verkippung zeigt als die kleine ASI533. Es wurde dann doch wieder zu schnell dunkel und justiert habe ich wieder nur mit dem Laser. Im Dunkeln hat mir dann das Framing nicht gepasst, sodass ich Kamera abgeschraubt und verdreht habe. Justiert habe ich dann nicht nochmal. Das hat man dann halt schon gesehen. Zum einen ist der Arbeitsabstand etwas zu groß, dann ist das Bild ordentlich verkippt und die Optik war nicht gut zentriert. Trotzdem ist das Ergebnis aber durchaus ansehnlich geworden. Auch mit den Defiziten ist das Bild bis 1m Diagonale noch scharf. Auch aus der Nähe betrachtet. Poster könnte man sich bis 1,5m Diagonale noch anschauen, wenn man nicht näher als 1m ran geht. Das war von der Abbildungsleistung schon, das was es sollte. Das mit den Ecken bekomme ich sicher auch noch hin.

Das Bild ist ein Bicolor mit je 3h H alpha und OIII.
NGC1499_H2O_80_v2.jpg


So sieht das Teil in Version 0.2 mit vollem Besteck aus:
IMG_2167.jpg


Was gibt es nun noch zu tun?

Gelernt habe ich auf jeden Fall, dass man sich um das Thema Ausleuchtung keinen Kopf machen braucht. Die Ausleuchtung ist mit Version 0.2 bei vielleicht 3-4mm. Einen größeren Fangspiegel zu nehmen lohnt sich nicht, da man durch die Abschattung mehr Transmission verliert als durch die Ausleuchtung. Das habe ich für verschiedene Szenarien ausgerechnet. Effektiv lag die Blende hier bei ca. f/3,6 in Bezug zu einem Apo über das Bild gemittelt, wenn man Transmissionsverluste und Ausleuchtung mit einberechnet. Aber das gilt in gewisser Weise für alle Newtons. Eine halbe Blende kann man da pauschal abziehen. Kleine Ausleuchtungen haben dann noch den Vorteil, dass die Ausleuchtung zum Rand hin langsamer abfällt. Mit Flats konnte ich die Bilder ohne Probleme komplett korrigieren. Das Bild war sogar ebener als bei meinem Apo nach der Kalibration.

Für Version 0.3 werde ich daher den Brennpunkt nochmal 1,3cm auf 140mm über Tubus rauslegen. Das sollte das Problem mit dem "Bürzel" an den Sternen beheben, der sicher vom in den Tubus ragenden Teil des Korrektors kommt. Ich habe zwar dann keine volle Ausleuchtung mehr, aber das hat den Vorteil, dass ich die Aufnahme für den Okularauszug viel stabiler konstruieren kann. Ob ich dann mit effektiven f/3,7, 3,6 oder 3,5 unterwegs bin, wird den Bock nicht fett machen. Über 70% Transmission kommt man bei so einem kleinen System prinzipiell nicht.

Auch ein Motorfokus hätte so viel einfacher Platz. Den hätte ich gerne noch. Nachfokussieren musste ich zwar nicht groß, aber der Temperaturgradient war auch sehr flach. Das waren nur 5K über die ganze Nacht. Die Fokussierung ist bei f/3 selbst mit der Mikrountersetzung extrem empfindlich. Den Tubus nehme ich nochmal auseinander und baue ihn neu, sodass er symmetrisch ist und die Kräfte besser aufnehmen kann. Mit der großen Kamera hat das Ding einen ganz schönen Hebel. Außerdem kommt die Hauptspiegelblende wieder rein. Die hatte ich beim Höhersetzen raus gemacht, da der Tubus hinten nun ohnehin zu ist. Mit der Blende verdecke ich aber die Phase am Hauptspiegelrand und der Lüfter würde eine quasi laminare Strömung über dem Spiegel erzeugen. Das sollte noch etwas mehr Kontrast geben.

Wenn das alles so klappt, dann ist Version 0.3 hoffentlich auch gleichzeitig Version 1.0 :) Der Astrograph könnte dann sogar einen GPU aufnehmen und wäre damit Vollformattauglich.

Auf jeden Fall hat man für kleines Geld hier ein ordentliches Teleskop, dass es so nicht zu kaufen gibt. Vielleicht kann man damit kein APOD gewinnen, aber die Ergebnisse sind für die 450€ mehr als ordentlich. Das meiste Geld steckt im Auszug. Wenn man nun nicht mit Mono aufnimmt, sondern nur mit kleineren Kameras wie der ASI585, geht das auch noch günstiger. Die Spiegel haben leider gut aufgeschlagen seitdem. Unter 400€ wird wird man das nicht mehr hinbekommen. Auszug mit Mikrountersetzung ist hier Pflicht. Sonst kriegt man das nicht scharf gestellt.

Grüße,
Joachim
 
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