39. Woche - Die „Drei aus dem Löwen“ – M65, M 66 und NGC 3628

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Heute bringen wir als Astrofoto der Woche wieder ein bekanntes Standardmotiv: Das Leo-Triplett. Und diesmal ist das Aufnahmefeld so ideal gelegen, dass ein bisher wohl kaum beachtetes Objekt im Bild wert ist, angesprochen zu werden. Doch zunächst: Die Aufnahme selbst stammt von FG-Mitglied Torsten Grossmann, der auch die Aufbereitung erledigte. Dazu kam als Partner Dietmar Hager, ein wohlbekannter Kollege aus Österreich. Die beiden betreiben schon seit langen Jahren gemeinsam die Astrofotografie, Dietmar hat den größten Teil der Bildbearbeitung übernommen.

Die Bildserie zum Motiv wurde im Zeitraum Mitte März bis Ende April 2020 im südlichen Brandenburg aufgenommen (Nuthe Urstromtal). Teleskop war ein 180-mm-Apochromat LZOS mit dem Öffnungsverhältnis 1:7. Als Kamera diente eine bewährte SBIG STL-11000M. Belichtet wurde wie folgt: Luminanz: 10,5 h, RGB zusammen 8,5 h. Die Bildbearbeitung geschah mit CCD Stack, Fitswork und Photoshop. Zur Orientierung: Norden liegt links, Osten unten. Das Bildfeld beträgt 102' x 63,3'.

Das „Leo-Triplett“ (engl.: Leo Triplet) war bereits mehrfach AdW-Thema. Daher möchte ich auf die üblichen Details verzichten. Kurzum: Die 30 Mio. Lj entfernte Dreiergruppe zeigt deutlich die bekannten Anzeichen der Wechselwirkung. Während M 65 (rechts oberhalb der Bildmitte) recht unauffällig als „normale Spiralgalaxie“ erscheint, bemerkt man bei M 66 (rechts unterhalb der Bildmitte) schon die diffusen Spiralarme. Daher wirkt M 66 wie in einen Kokon gehüllt. Am deutlichsten aber sticht die Morphologie von NGC 3628 (links) ins Auge. Die „edge-on“-Form lässt sehr schön erkennen, dass die Galaxienebene stark verbogen ist. Astronomen reden von einem „warp“ (verbogene Hutkrempe). Und tatsächlich: Der vordergründige Spiralarm besitzt einen klaren Knick nach Süden (rechts). Was fällt noch auf? Von NGC 3628 läuft ein Gezeitenschweif nach Osten (unten). Dass es sich wirklich um einen solchen „tidal tail“ handelt – und nicht um einen Sternstrom – wird durch die Tatsache erhärtet, dass im Schweif während seiner Bildung neue Zwerggalaxien entstanden sind (F.R. Chromey et al. 1998: Star formation in the tidal tail of the Leo triplet galaxy NGC 3628; Astr. Journal 115, 2331-2336). Der Schweif erstreckt sich noch weiter nach außen, aus dem Bildfeld hinaus. Er ist ein Indiz dafür, dass NGC 3628 bei einer früheren Annäherung an M 66 starken gravitativen Störungen ausgesetzt war.

Auf zwei Begleitgalaxien von NGC 3628 möchte ich aufmerksam machen. Der erste Zwerg liegt direkt südlich des Galaxienkerns bei den Pixelkoordinaten (1223/1745). Dazu bitte das Originalbild herunterladen. Allerdings eignet sich das Zusatzbild für den Nachweis lichtschwacher Objekte noch besser. Es ist in Helligkeit und Kontrast angehoben, dabei schwarzweiß. Man erkennt – abgesehen vom Zwerg 1 – auch die Kastenform von NGC 3628. Was ist das für ein Zwerg 1? Es handelt sich um [HKK2009] dJ1120+1332. Im Jahre 2009 publizierten W.K. Huchtmeier, I.D. Karachentsev und V.E. Karachentseva Messungen in der 21-cm-Linie des neutralen Wasserstoffs für ein Gebiet im Löwen. Dazu nutzten sie das Effelsberger 100-m-Radioteleskop und entdeckten 71 Zwerggalaxien, für die sie über die Rotverschiebung dann die Zugehörigkeit zu einer Muttergalaxie ableiten konnten.

Wenn schon [HKK2009] dJ1120+1332 als „low suface brightness galaxy“ gilt, dann erst recht der zweite Zwerg im Zusatzbild rechts oben. Er trägt die Katalognummer SDSS J111854.06+134819.3 aus der automatisierten SDSS-Fotometrie. Da wir in der TBG-Gruppe mit Igor Karachentsev zusammenarbeiten, darf es nicht wundern, dass im Rahmen unserer tiefen Fotografien Oliver Schneider und Andreas Rörig dieses zweite Objekt als möglichen Begleiter von NGC 3628 erkannt haben. Eine wissenschaftliche Publikation dazu ist in Arbeit, der russische 6-m-Spiegel soll auf das Objekt gerichtet werden.

Anmerkungen: Das AdW ist außerordentlich gut gelungen – technisch einwandfrei, über Farben muss kein Wort verloren werden. Die Bildbearbeitung ist sauber und moderat, ohne erkennbare Mängel. Und die Tiefe des Bildes ist für den 180-mm-Refraktor bei Blende 7 bemerkenswert, sonst wäre der Zwerg 2 nicht auch „ins Netz gegangen“. Beeindruckend gut ist die Detailwiedergabe in den Galaxien: Sternentstehungsgebiete in Blau und HII-Regionen in Rot kommen gut zur Wirkung.

Einen herzlichen Dank an Torsten Grossmann und Dietmar Hager für dieses gelungene Bild. Und natürlich nicht zu vergessen: Dazu die Glückwünsche des AdW-Teams zum Astrofoto der Woche.



Peter Riepe
Bildautor: Torsten Grossmann



Koordinaten (J2000.0) der Bildmitte:
RA = 11 h 19 min 44 s, DE = 13° 13´ 06´´

Vollbild unter: https://www.astronomie.de/neuigkeiten/39-woche-die-drei-aus-dem-loewen-m65-m-66-und-ngc-3628/

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