Die Folgen von Neuland-Ehrfurcht und Selbstherrlichkeit sind gut illustriert in den US, wo über die Freiheit eines Verdächtigen bis zum Prozess anhand von nicht offengelegten Algorithmen zu statistischen Wahrscheinlichkeiten entschieden wird. Wird ein Verdächtiger eingesperrt, verliert er dadurch uU Job, Wohnung, Bekanntenkreis. Ist also für den Einzelfall-Menschen ziemlich relevant, ob sein Anwalt die Einordnung "Wahrscheinlich wird er wieder straffällig bis zum Prozess" anfechten kann oder nicht.
Die Neuland-Ehrfurcht hat es in US soweit gebracht, dass Einzelfallbetrachtung in deren so pervertierter Form von Rechtsstaat nicht mehr verfolgt wird, zugunsten von elegant anmutendem Excel-Streamlining.
Und dazu glänzen auch noch die Kriterien für U-Haft mit nicht-Überprüfbarkeit, nicht-Anfechtbarkeit, weil der Algorithmus und zugrundeliegende Wichtung der statistischen Daten eigentumsgeschützt ist.
Da es in US auch privatisierte Gefängnisse gibt, ist realistisch vorstellbar, dass Gefängnisbetreiber und Softwarehersteller sogar gemeinsame Sache bei der Belegung machen.
Mit weniger Gefährlichkeit, aber aus der selben Neuland-Ehrfurcht und Selbstherrlichkeit geboren, werden auch die Uploadfilter unüberprüfbar, unanfechtbar bleiben, mit denen in den gängigen Portalen de facto bestimmt wird, was im Internet stehen darf und was nicht. Unrechtstaatlich und demokratiefeindlich ist das, wenn man Youtube und Facebook als die moderne Form des athener Marktplatzes begreift, wo sich Bürger austauschen, bevor sie zur Wahl-Urne schreiten.
Lesenswertes aktuelles Beispiel:
Mario Barth vs. "Die Anstalt" - ein anschauliches Beispiel für Probleme mit Uploadfiltern
Excelbrains werden zu Richtern, bemessen das Strafmaß und überwachen die Strafe. Widerspruch unmöglich, Feintuning der Beurteilungsmechanismen wird nicht von Rechtsgelehrten, sondern von Geldgebern und Excelbrains bestimmt.
Was das alles noch mit Fachzeitschriften in Papierform zu tun hat: ich glaube, es ist viel zu vielen Leuten nicht bewusst, welche Fähigkeiten ihr plastisches Gehirn verliert in Sachen Informationsverarbeitung, Gedächtnis und Assoziation, wenn sie ihre alltäglichen Beschäftigungen seit den 90ern von Leuten bestimmen lassen, die selbstverständlich voraussetzen, dass ihre Art ge-streamlined zu denken das non plus ultra ist und völlig ignorant gegenüber ihrer eigenen Begrenztheit sind.
Bei der hobby-Astro-Zeitschrift steh ich auf der Kippe bei der Bewertung des Inhalts und ob Bäume dafür sterben sollten oder nicht. Immerhin werden die nicht gleich weggeworfen werden wie Tageszeitungen.
Aber weil es um plastische Gehirne geht, denen mit dieser Papierzeitschrift noch mal ein Trigger für die genannten Fähigkeiten ermöglicht wird, sodass sie etwas langsamer amputiert werden, kann ich deshalb über Bande auch ne Lanze für Astro-Papier brechen.