Neues vom JWST: Erster Spiegel kann poliert werden

In Kürze (laut Plan Launch +36 days, also in etwa jetzt) wird mit dem Ausrichten der Spiegelsegmente begonnen. Als Testobjekt dient der Stern HD84406 im Sternbild Größere Bärin (Ursa Major). Die von den 36 18 Spiegelsegmenten erzeugten Bilder müssen sowohl alle in den Fokus als auch zur Deckung gebracht werden. Für dieses Justieren sind etwa 3 Monate veranschlagt.

Der Stern ist nicht auffallend (sonnenartig, Magnitude 5.9) oder besonders - es sollen aber nur sehr wenige Sterne im unmittelbaren Umfeld sein und dies soll für die Auswahl wichtig gewesen sein. Man kann ihn z.Z. recht gut beobachten:

HD84406a.jpg

HD84406b.jpg

Uhrzeit 22 Uhr, Bildausschnitt aus Cartes de Ciel
Thomas

P.S. Die High Gain Antenne zur Datenübermittlung mit dem Deep Sky Network der NASA wurde inzwischen auch in Betrieb genommen
 
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In Kürze (laut Plan Launch +36 days, also in etwa jetzt) wird mit dem Ausrichten der Spiegelsegmente begonnen. Als Testobjekt dient der Stern HD84406 im Sternbild Größere Bärin (Ursa Major). Die von den 36 18 Spiegelsegmenten erzeugten Bilder müssen sowohl alle in den Fokus als auch zur Deckung gebracht werden. Für dieses Justieren sind etwa 3 Monate veranschlagt.
Weiss jemand, ob helle Sterne die außergewöhlich empfindliche Instrumente des JWST schädigen können?
 
Servus rin67630,
laut einer Info von Jonathan Gardner, ist der Stern HD84406 schon zu hell für das JWST, wenn es bereits voll fokussiert wäre.

CS Mike
 
Hallo allerseits,

mir ist immer noch unklar, wie die Ausrichtung der 18 Segmente des Primärspiegels tatsächlich vonstatten gehen soll. Im Netz findet man zwar zahlreiche Papiere, die sich mit dem Alignment von verschiedenen Demonstrationsmodellen unter Laborbedingungen befassen. Dabei kamen teilweise sehr komplizierte interferometrische Testverfahren mit "Null Corrector" und Lasern zum Einsatz. Es ist aber unklar, inwieweit das für die jetzt anstehende "in situ" Ausrichtung der Segmente noch relevant ist. Die allgemeine Alignment-Strategie wird in diesem Papier skizziert:

Marcia J. Rieke, Douglas Kelly , and Scott Horner: Overview of James Webb Space Telescope and NIRCam's Role

4. WAVEFRONT SENSING AND PRIMARY MIRROR ALIGNMENT ... The mirror consists of 18 beryllium hexagons each of which is equipped with actuators for controlling tip, tilt, focus, x position, y position, and limited radius of curvature control. The telescope will be aligned and phased using imagery from NIRCam. Routine maintenance of the telescope figure will also rely on NIRCam imagery.

4.1. Basic Strategy ... After the mirrors are in their basic positions, the next step in alignment will happen after the structure and instruments have cooled substantially. The first step in the process is to locate all 18 images from the 18 primary mirror segments. This step can take place before the final operating temperature is reached as good image quality is not needed. Once all 18 have been found and identified, the mirror segments will be commanded to place the images in a predefined pattern. Once the mirrors and NIRCam are close enough to operating temperature, the secondary mirror can be moved to the best average focus. The individual mirror segments will then be moved to optimize their focus settings.

The goal of the wavefront sensing process is a primary mirror that functions as though it were a monolithic mirror with a wavefront error as seen though NIRCam of no more than 150nm to ensure diffraction-limited performance. To achieve this performance, the mirror segments must be positioned so their wavefronts are phased. The phasing is done in two steps. The coarse phasing step uses grisms to measure the interference between the wavefronts from two mirror segments. Pairwise measurements produces a primary mirror alignment adequate for the next step. The final or fine phasing step uses focus diverse phase retrieval to determine the segment motions needed to reduce the wavefront error below the 150nm requirement. The fine phasing step is repeated at intervals as needed.


Vermutlich wird die Prozedur bereits mit Sternlicht durchgeführt, auch wenn es nicht explizit gesagt wird. Wie genau das funktioniert ist mir aber noch ziemlich schleierhaft.

Gruß, Peter
 
Servus rin67630,
laut einer Info von Jonathan Gardner, ist der Stern HD84406 schon zu hell für das JWST, wenn es bereits voll fokussiert wäre.

CS Mike
Ich habe das mal etwas nachrecherchiert: Dr. Jonathan Gardner ist vom NASA Goddard Space Flight Center und Deputy Senior Project Scientist für das JWST.
Hier:
spricht er über die Justierung der Spiegelsegmente, das "Phasing". Ist vllt. auch für dich, @P_E_T_E_R interessant.

Thomas

P.S. Ist aber nur ein kurzer, allgemeiner Überblick. Über Probleme beim Fokussieren wegen zu großer Helligkeit spricht er nicht. Werde mal nachrecherchieren...

Nachtrag: Habe noch dieses Zitat von ihm gefunden: "HD 84406 will be too bright to study with Webb once the telescope starts to come into focus." Daraus schließe ich aber nicht, dass man ihn nicht zum Einstellen des Fokus während des Phasing benutzen kann. Quelle:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Alignment wie beschrieben mit Sternlicht setzt dann voraus, dass man nur einen einzigen prominenten Stern im Feld hat, sonst wird es hoffnungslos kompliziert.
Beim anvisierten HD 84406 ist das wohl hinreichend gut gewährleistet. Der nächste vergleichbar helle Stern 28 Uma steht schon in einem Abstand von nahezu 27' und alle übrigen Sterne in diesem Umfeld sind mindestens vier Magnituden schwächer.

HD84406.jpg

Credit: SIMBAD/ALADIN
 
Zuletzt bearbeitet:
noch mal kurz zurück zum schleifen/polieren/beschichten
ab 2:00 min

habe ich das jetzt richtig verstanden,
die Be Spiegelkacheln wurden bei Raumtemp. falsch geschliffen und poliert damit sie später bei -233°C stimmen? oje

und was macht der Mann (min 2:07) mit der Pistole, sprüht der da Gold drauf oder was (oder bläst er die Kacheln nur ab)?
 
die Be Spiegelkacheln wurden bei Raumtemp. falsch geschliffen und poliert damit sie später bei -233°C stimmen? oje
So verstehe ich das auch. Allerdings kommt noch dazu, dass Webb seine Spiegel individuell im Nanometerbereich justieren kann und wohl auch verformen.

und was macht der Mann (min 2:07) mit der Pistole, sprüht der da Gold drauf oder was (oder bläst er die Kacheln nur ab)?
Ich kann mir nicht vorstellen dass so die Goldschicht aufgebracht wurde. Wahrscheinlich ist das nur ein Reinigungsschritt.
Das Gold dürfte in einer Vakuumkammer aufgedampft worden sein. Man korrigiere mich falls das nicht stimmt.

Thorsten
 
Goldschicht: ja aufdampfen in einer Vakuumkammer, denke ich auch, fand es nur etwas irritierend in Verbindung mit dem Kommentar.
 
Zeige was du sagst, und sage was du zeigst.
Grundregel bei Präsentationen.
Da hat sich die PR-Abteilung wohl irgendwie rausgemogelt...

Das Video ist aber insgesamt trotzdem nett.

Gruss
Thorsten
 
habe ich das jetzt richtig verstanden,
die Be Spiegelkacheln wurden bei Raumtemp. falsch geschliffen und poliert damit sie später bei -233°C stimmen? oje

Falsch hast du bestimmt falsch verstanden.
Die Kacheln werden bei Raumtemperatur bestimmt so geschliffen, das sie bei der Zieltemperatur gut funktionieren.
Ob sie nun noch verformt werden oder nicht. Ergo ist das nicht falsch.

cs
Christian
 
habe ich das jetzt richtig verstanden,
die Be Spiegelkacheln wurden bei Raumtemp. falsch geschliffen und poliert damit sie später bei -233°C stimmen?
Sowas ist bei kryogenischen Instrumenten ganz normal.

Z.B. werden auch Optiken bestehend aus mehreren Linsen / Spiegeln bei Raumtemperatur gezielt so justiert ("dejustiert"), dass sie in ihre optimale Ausrichtung erst im kalten Zustand erreichen.
 
Soweit ich weiß werden in der Formel 1 die Passungen der Motorkomponenten auch bei ihrer Arbeitstemperatur von jenseits 100°C geschliffen um im normalen Betrieb dann die entsprechenden Funktionen bestmöglich zu erfüllen. Wundert also nicht, dass es gerade in der Raumfahrttechnik ebenso gehandhabt wird.
 
Morgen, Freitag, gegen 17:00 MEZ eine Telekonferenz über die ersten Resultate des Alignmentprozesses. Näheres hier:


Dann wird auch erstes Bildmaterial vorgestellt (vom defokussierten und gestackten Stern) - also keine "Pretty Pictures", bis dahin ist noch ein langer Weg.

Thomas
 
Ja, tatsächlich! Es gibt eine schöne Übersicht über geplante Wissenschaftsbeobachtungen in allen möglichen Teildisziplinen, auch in der Exoplanetforschung. Habe den Link verlegt. Werde ihn mal suchen.
Edit: Hier ist der Einstieg:
Z.B. "MIRI Observations of Transiting Exoplanets"
Thomas
 
1644599975960.png

"This “selfie” was created using a specialized pupil imaging lens inside of the NIRCam instrument that was designed to take images of the primary mirror segments instead of images of space. This configuration is not used during scientific operations and is used strictly for engineering and alignment purposes. In this case, the bright segment was pointed at a bright star, while the others aren’t currently in the same alignment. This image gave an early indication of the primary mirror alignment to the instrument."

Siehe letztes Update

Thomas
 
Hallo!

Hier ist das "Alignment Mosaic" noch mal mit Zuordnung der Spiegelsegmente zu sehen.
Wirkt auf eine eigenartige Weise so wie die Probleme, die man als normalsterblicher Amateur auch hat - wo man sich erst kurz zurücklehnt, dicke Backen macht und dann anfängt, mutig an den Schräubchen zu drehen.

Gruß
Sebastian
 
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