Neues vom JWST: Erster Spiegel kann poliert werden

Das ist alles sehr interessant: Fuer Gaia und Euclid sind selbst kleine Abdunkelungen ein erhebliches Problem. Das geht mit einem thermischen Schock einher, der die optische Justage erheblich durcheinander bringt und eventuell sogar ein "realigment' erforderlich macht. Wenn man Euclid nur 1-2 Grad gegenueber der Sonne verdreht, bei voller Beleuchtung, dann dauert es ca 5-10 Tage, bis sich die Optik wieder vollstaendig stabilisiert hat. Ein Schattendurchgang wuerde vermutlich eine 1-2 monatige Rekalibration hinter sich her ziehen. Ganz davon abgesehen, dass bestimmte Komponenten eventuell unter eine kritische Mindesttemperatur abkuehlen wuerden. Hierzu muss man aber sagen, dass sowohl Gaia als auch Euclid extrem genaue Messungen machen, die man aus einem niedrigen Erdorbit a la Hubble niemals machen koennte; da geht es alle 90 Minuten durch den Schatten (auch als "orbital thermo-cycling" bekannt).

Gaia hatte erst vor ein paar Monaten ein laengeres Korrekturmanoever durchgefuehrt, welches Schattenpassagen in den naechsten Jahren verhindert.
 
Fuer Gaia und Euclid sind selbst kleine Abdunkelungen ein erhebliches Problem. Das geht mit einem thermischen Schock einher, der die optische Justage erheblich durcheinander bringt und eventuell sogar ein "realigment' erforderlich macht....
Das heisst ein Instrument halbwegs exakt an L2 zu halten, um vom Schatten der Erde zu profitieren hätte mehr Nachteile, als Vorteile weil die Teilabschattung unstabil und Temperaturen kaum konstant zu halten wären? Gaz abgesehen von der Stromversorgung?
 
Durch die Abschattung bekommt man nicht genug Strom, um z.B. die Instrumente und Computer zu betreiben, und um bestimmte mechanische Komponenten warm zu halten (z.B. tip / tilt und Fokus ueber den Fangspiegel). Darueber hinaus braucht man wohl mehr Treibstoff, um das Observatorium kontinuierlich am L2 zu halten (Vermutung meinerseits), statt dass man es auf einen semi-stabilen Lissajous-Orbit bringt und nur einmal im Monat nachkorrigiert; eine fast kontinierliche Orbitkorrektur direkt am L2 wuerde auch mit den wissenschaftlichen Aufnahmen kollidieren.

Und wenn alle Observatorien da genau am L2 sitzen, erhoeht sich wohl auch die Kollisionsgefahr.
 
... JWST ist tasächlich auf dem richtigen Kurs ;)


JWST-2022-01-06.gif


Sollposition: https://ssd.jpl.nasa.gov/horizons/app.html#/

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Date__(UT)__HR:MN (LT) R.A.__(ICRF)_____DEC
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2022-Jan-06 18:00 19:00 06 28 15.82 +01 08 50.2
2022-Jan-06 19:00 20:00 06 28 12.49 +01 09 21.5
2022-Jan-06 20:00 21:00 06 28 06.10 +01 09 52.1
2022-Jan-06 21:00 22:00 06 27 57.40 +01 10 21.7
2022-Jan-06 22:00 23:00 06 27 47.27 +01 10 50.3
2022-Jan-06 23:00 00:00 06 27 36.72 +01 11 17.6
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Bei 60s Belichtungszeit der Einzelaufnahme kommt selbst bei f/10 einiges an Licht an.
Das Hitzeschild ist sicher auch ein guter Reflektor.
Die Transparenz war leider sehr mäßig und inhomogen. Jedes Bild war etwas anders.
AstroArt 8 hat für Stern Nr. 18 = JWST 14m2 ermittelt.

JWST-1.png
 
Das stimmt wohl in guter Näherung überein, da JWST sich auf einer langgestreckten Ellipse bewegt (im Koordinatensystem der Erde betrachtet) - also quasi wie "senkrecht hochgeworfen". Kurz vor dem Scheitelpunkt bekommt JWST dann einen kleinen "Schubs" um nicht wieder herunterzufallen sondern um den L2-Punkt zu kreisen.

Thomas
 
Gestern wurden alle 132 Motoren für die Einzelausrichtung der Spiegelsegmente (incl. Fangspiegel) erfolgreich getestet. Siehe:

Thomas
Das Anheben der Hauptspiegelsegmente von Henriettas Aussichtsplattform (JWST) geht auch gut voran, alles im Plan. Pro Tag werden die um 'nen Millimeter ausgefahren, die halbe Anhebestrecke ist jetzt geschafft.
 
Jetzt scheinen alle Segmente in der "Deployed-Position" (0mm). Die Positionssensoren zweier Segmente, A3 und A6, sollen aber nicht richtig funktionieren (Quelle Scott Manley). Man hat dies bereits vor dem Start festgestellt. Ein Austausch hätte den Start aber weit nach hinten geschoben so dass man sich einen "Workaround" überlegt hat. DieserWorkaround scheint also funktioniert zu haben. Hoffe, das richtig wiedergegeben zu haben.

webb2.jpg

Quelle: jwst.nasa.gov

Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
P.S. In dem Tweet steht "brake" aber es ist eine kleine Beschleunigung - JWST kann nicht bremsen, weil sie sonst das Teleskop drehen und der Sonne aussetzen müssten.
Ja. Man kann sich das im Prinzip vorstellen wie eine Kugel die einen Berg hinaufrollt, und einen Zentimeter vor dem Gipfel zum Stehen kommt. Würde man nix machen, dann würde sie wieder herunterrollen. Gibt man ihr aber den kleinen Schubs, dann bleibt sie genau oben liegen.
Thorsten
 
Oder man gibt ihr einen kleinen seitlichen Schubs und dann umkreist sie den Gipfel auf gleicher Höhe knapp unterhalb. ... Aber ich glaub, das klappt nicht - auch wenn man die Reibung vernachlässigt. ? Hätte halt die Analogie zu dem Halo-Orbit um L2 fortgeführt.

Thomas (der gerade am eingeschr. 3-Körperproblem rumbastelt)

Edit: Ne, Ne - das geht nicht. Auf einem Sattelpunkt müsste man das aber unter idealisierten Annahmen hinbekommen in Form einer eingeschwungenen Pendelbewegung
 
Na toll und jetzt hab ich die Nationalmannschaft von 1990 im Ohr .... Ich hoffe, die NASA hat nen besseren Soundtrack :cool:
Mh ... vielleicht "La Grange" von ZZ Top?

Besten Gruß
Micha
 
Das Gravitationspotentil am L2 Lagrange-Punkt hat die Form eines Sattels. Der Orbit um diesen Punkt mit einem Durchmesser von ~374.000 km ist nur metastabil und erfordert alle drei Wochen eine leichte Kurskorrektur, um ein Abdriften zu verhindern.
Physikern ist das Prinzip von der Paul-Falle vertraut - man kann damit Ionen in einem elektrischen Wechselfeld einfangen und speichern. In ihrer linearen Bauform ist sie insbesondere als Quadrupol-Massenspektrometer verbreitet.

Man kann die Funktion der Falle mit einem mechanischen Analog demonstrieren, wo eine Kugel auf einem rotierenden Sattel rollt: die Kugel bleibt gefangen, solange der Sattel mit einer passenden Drehfrequenz rotiert: Jedes Mal, wenn die Kugel in das Tal des Sattels abzustürzen droht, wird in der Bewegungsrichtung der Kugel aus dem Tal ein Berg ...

Paul-Falle.JPG

Credit: Wikipedia
 
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