Das Weltall ist kein rechtsfreier Raum, in dem jeder herumfliegen darf, wie er will. Wer einen Satelliten in den Orbit bringen möchte, egal ob staatlich oder privat, muß dazu einen Antrag bei der entsprechenden nationalen Behörde stellen. Im Falle von Starlink ist das die USamerikanische „Federal Communications Commission“ (FCC). Dort wird ein bestimmter Orbit beantragt, spezifiziert nach Höhe und Bahnneigung. Außerdem muß sichergestellt sein, daß der geplante Satellit keine Gefahr für andere Raumfahrzeuge darstellt, auch nicht auf dem Weg in seinen Orbit (der kann bei Starlink lange dauern, da die Satelliten zunächst in niedrigeren Bahnen ausgesetzt werden und dann mithilfe ihrer eigenen Motoren zum vorgesehenen Orbit aufsteigen), und auch nicht nach Dienstende des Satelliten (es gibt gefahrlose „Friedhoforbits“, meist oberhalb des Arbeitsorbits, in die ausgediente Satelliten mit ihrem letzten Treibstoff hinaufgeschossen werden). Die nationale Behörde meldet im Falle der Bewilligung des Antrags den vergebenen Orbit an den Generalsekretär der Vereinten Nationen, der diese Daten sammelt und für alle Weltraumnationen zugänglich macht. Dadurch wissen alle Interessenten, welche Orbits noch frei bzw. aktuell belegt sind.
SpaceX hat vor einigen Jahren bei der FCC zwei Orbits für seine Starlink Satelliten erfolgreich beantragt. Der erste liegt bei 570 km Höhe, der zweite bei über 1100 km Höhe. Allerdings hat Starlink im April 2020 eine Änderung verlangt: Die ursprünglich für den hohen Orbit vorgesehenen Satelliten sollten nun niedriger, nämlich auf 540-570 km Höhe fliegen. Die Konkurrenz (Amazon, Viasat etc.) hat dagegen scharf protestiert, weil sie Funkinterferenzen mit ihren eigenen (projektierten) Satelliten befürchtet. Dennoch hat die FCC Ende April 2021 der Planänderung von SpaceX zugestimmt.
Beim ersten Vorfall mit der chinesischen Raumstation ging es darum, daß Starlink Satellit 1095, der sich ursprünglich auf dem genehmigten Orbit in 555 km Höhe befand, sich in der Zeit vom 8.5.-24.6.2021 auf eine Höhe von 383 km manövriert hat, und seitdem auf dieser Höhe unterwegs ist. Dabei ist er der chinesischen Raumstation, die in 390 km Höhe kreist, am 1.7.2021 gefährlich nahegekommen, so daß die Raumstation ein Ausweichmanöver fliegen mußte. Dieser Starlink Satellit hatte erstens keine Genehmigung für den niedrigen Orbit. Und zweitens hat er diesen nicht genehmigten Orbit erst angesteuert, NACHDEM die chinesische Raumstation mit ihrer Besatzung dort bereits stationiert war.
Der zweite „close encounter“ betraf Starlink Satellit 2305. Es heißt, er habe kontinuierlich manövriert und sei dabei der Raumstation am 21.10. zu nahegekommen. Da die Manöverstrategie unbekannt und die Orbitalelemente schwer einzuschätzen waren, hat die Raumstation abermals Ausweichmanöver vollzogen. Auch dieser Satellit hatte keine Genehmigung für den niedrigen Orbit. Und auch er hat diesen Orbit erst angesteuert, NACHDEM die Raumstation bereits dort war.
Warum die beiden Satelliten ihren vorgesehenen Orbit verlassen haben, und was genau sie in der Nähe der chinesischen Raumstation getan haben, weiß wohl nur Space X. Aber Space X schweigt zu den Vorfällen konsequent.
Hier noch die diplomatische Note der Chinesen an den Generalsekretär der UN:
https://www.unoosa.org/res/oosadoc/data/documents/2021/aac_105/aac_1051262_0_html/AAC105_1262E.pdf
Viele Grüße
JOhannes