Reinhard_Lauterbach
Aktives Mitglied
Hallo wehrte Astrogemeinde,
(Vorsicht, das wird jetzt etwas lang. Ich hoffe, dass ich Niemanden überfordere ;-)
an dieser Stelle möchte ich ein kleines Projekt vorstellen, mit dem ich vor ein paar Tagen die Quadrantiden mittels Reflektion von Radiowellen beobachtet habe.
Wie Ihr alle aus leidvoller Erfahrung wisst, brachten die letzten Tage nicht grade ideale Bedingungen für die visuelle Beobachtung des Meteorstroms und das ist noch gnädig formuliert. Da sich das schon vorher abzeichnete reifte bei mir der Entschluss, die Technik mittels Radiowellen einmal auszuprobieren. Glücklicherweise hält sich der technische und finanzielle Aufwand sehr in Grenzen, was für die Entscheidung auch nicht unbedingt hinderlich war. Aber worum geht es hier eigentlich.
Ein in die Atmosphäre eindringender Meteor erhitzt durch seine hohe Geschwindigkeit und die damit verbundene Reibung die oberen Luftschichten dermaßen, dass sich ein Plasma ausbildet. Von einem Plasma spricht man, wenn sich durch hohe Temperaturen bei einem Gas die Elektronen von den Atomen trennen und dieses Medium dadurch leitfähig wird. Solch ein Plasma hat die Eigenschaft Radiowellen zu reflektieren, so wie es auch (leitfähige) Metalloberflächen tun. Dies eröffnet uns eine interessante Möglichkeit:
Man stimmt einen Radiompfänger auf einen Sender, den man normalerweise nicht hören kann da er "hinterm Horizont" liegt, ab. Bildet sich nun durch einen Meteor oberhalb der Verbindungslinie Sender / Empfänger ein Plasma, so kann man den Sender über die Reflektion der Radiowellen kurzzeitig empfangen. Dies funktioniert im Prinzip z. B. mit UKW-Radiowellen. Der Haken bei den UKW-Frequenzen ist allerdings, dass das UKW-Band dicht gepackt ist und man bei einer freien Frequenz (auf einem freien Kanal) einen zuverlässigen Sender hinterm Horizont finden muss. Auch ist die Modulation mit Musik oder Sprache nicht förderlich für eine auswertbare Detektion eines Meteors. Da kommt uns ausnahmsweise mal das Militär zu Hilfe.
In Fankreich bei "Broye-Aubigney-Montseugny" befindet sich eine Sendestation der ONERA (ein Forschungs-Institut, ähnlich unserem DLR), welche von der französischen Luftwaffe betrieben wird und die Teil des "GRAVES-Radars" ist. Die dazugehörige Empfangsstation befindet sich bei "Revest-du-Bion", nahe Dijon. Das GRAVES-Radar dient zur Überwachung und Bahnbestimmung von Satelliten. Für uns ist nur der Sender interessant, dieser sendet auf einer Frequenz von 143,050 MHz, also bei etwa 2 Meter Wellenlänge.
Nun ist ein normales Radio nicht in der Lage diese Frequenz zu empfangen, aber es gibt da eine elegante und dabei auch noch sehr günstige Alternative: DVB-T USB-Sticks mit dem Chipsatz RTL2832U / R820T, die man bei den einschlägigen Online-Handelsplattformen schon unter 20,- Euro bekommen kann. Wichtig ist der oben genannte Chipsatz, der auch in der Regel in den Angeboten angegeben wird. Nur für diesen Chipsatz gibt es die nötigen Treiber, um die Sticks für s. g. SDR-Radio zu "missbrauchen". Dazu braucht man nun noch eine Antenne für das 2m-Band. Diese kann man entweder nach etwas Recherche selber bauen, oder als Bausatz bzw. fertig bei Händlern für Amateurfunk-Zubehör kaufen. Bei vorhandenem Knowhow ist der Antennen-Selbstbau für unter 20,- Euro möglich, ansonsten wird man um die 100,- Euro für eine einfache Yagi-Antenne ausgeben müssen. Was man nun noch braucht habt Ihr alle, sonst könntet Ihr diesen Artikel nicht lesen, einen PC (ok, es soll auch Leute geben, die dieses Forum mit dem Smartphone besuchen, aber sogar für die gibt es entsprechende Sticks). Achja, die passende Software, ich habe HDSDR und die Zadic-Treiber genutzt, gibt es als Freeware im Netz.
Nun aber ein paar Fotos meines Aufbaus und das Beobachtungsergebnis:
Experimentalaufbau meiner Cubical-Quad Antenne aus Teilen der Restekiste, funktioniert schon sehr gut.
Ausbeute etwa einer Woche "Beobachtung", das kann sich doch sehen lassen.
Ein Bilderbuch-Signal. Bei entsprechender Einstellung der Empfängersoftware kann man den Meteor schön pfeifen hören, von hoher zu niedriger Frequenz hin, was an der sich verringernden Dopplerverschiebung bei der Abbremsung liegt.
Ein etwas unüblicher "Beifang", vermutlich Reflektionen von Elons Orbitalschrottflotte ;-).
Das Spektakel ging über mehrere Screenshots. Es müsste ein Überflug in der Gegend um Luxemburg / Belgien gewesen sein. Ich habe aber die Zeiten nicht nachkonntrolliert, es war am 5.1. gegen 14:11h. Vielleicht fühlt sich ja Jemand berufen, das mal nachzuprüfen.
Solangsam möcht ich nun zum Ende kommen, Ihr seid somit erlöst.
Es würde mich freuen, wenn ich mit diesem Bericht den Einen oder Anderen zum Nachmachen animieren konnte, denn "der nächste Meteostrom bei miesem Wetter kommt bestimmt" ;-)
Ein Herzlicher Dank für die Unterstützung bei der Realisation des Vorhabens geht an die "Gute Fee" dieses Forums.
Viele Grüße, CS und immer ein Signal ein paar dB über'm Rauschen,
Reinhard
(Vorsicht, das wird jetzt etwas lang. Ich hoffe, dass ich Niemanden überfordere ;-)
an dieser Stelle möchte ich ein kleines Projekt vorstellen, mit dem ich vor ein paar Tagen die Quadrantiden mittels Reflektion von Radiowellen beobachtet habe.
Wie Ihr alle aus leidvoller Erfahrung wisst, brachten die letzten Tage nicht grade ideale Bedingungen für die visuelle Beobachtung des Meteorstroms und das ist noch gnädig formuliert. Da sich das schon vorher abzeichnete reifte bei mir der Entschluss, die Technik mittels Radiowellen einmal auszuprobieren. Glücklicherweise hält sich der technische und finanzielle Aufwand sehr in Grenzen, was für die Entscheidung auch nicht unbedingt hinderlich war. Aber worum geht es hier eigentlich.
Ein in die Atmosphäre eindringender Meteor erhitzt durch seine hohe Geschwindigkeit und die damit verbundene Reibung die oberen Luftschichten dermaßen, dass sich ein Plasma ausbildet. Von einem Plasma spricht man, wenn sich durch hohe Temperaturen bei einem Gas die Elektronen von den Atomen trennen und dieses Medium dadurch leitfähig wird. Solch ein Plasma hat die Eigenschaft Radiowellen zu reflektieren, so wie es auch (leitfähige) Metalloberflächen tun. Dies eröffnet uns eine interessante Möglichkeit:
Man stimmt einen Radiompfänger auf einen Sender, den man normalerweise nicht hören kann da er "hinterm Horizont" liegt, ab. Bildet sich nun durch einen Meteor oberhalb der Verbindungslinie Sender / Empfänger ein Plasma, so kann man den Sender über die Reflektion der Radiowellen kurzzeitig empfangen. Dies funktioniert im Prinzip z. B. mit UKW-Radiowellen. Der Haken bei den UKW-Frequenzen ist allerdings, dass das UKW-Band dicht gepackt ist und man bei einer freien Frequenz (auf einem freien Kanal) einen zuverlässigen Sender hinterm Horizont finden muss. Auch ist die Modulation mit Musik oder Sprache nicht förderlich für eine auswertbare Detektion eines Meteors. Da kommt uns ausnahmsweise mal das Militär zu Hilfe.
In Fankreich bei "Broye-Aubigney-Montseugny" befindet sich eine Sendestation der ONERA (ein Forschungs-Institut, ähnlich unserem DLR), welche von der französischen Luftwaffe betrieben wird und die Teil des "GRAVES-Radars" ist. Die dazugehörige Empfangsstation befindet sich bei "Revest-du-Bion", nahe Dijon. Das GRAVES-Radar dient zur Überwachung und Bahnbestimmung von Satelliten. Für uns ist nur der Sender interessant, dieser sendet auf einer Frequenz von 143,050 MHz, also bei etwa 2 Meter Wellenlänge.
Nun ist ein normales Radio nicht in der Lage diese Frequenz zu empfangen, aber es gibt da eine elegante und dabei auch noch sehr günstige Alternative: DVB-T USB-Sticks mit dem Chipsatz RTL2832U / R820T, die man bei den einschlägigen Online-Handelsplattformen schon unter 20,- Euro bekommen kann. Wichtig ist der oben genannte Chipsatz, der auch in der Regel in den Angeboten angegeben wird. Nur für diesen Chipsatz gibt es die nötigen Treiber, um die Sticks für s. g. SDR-Radio zu "missbrauchen". Dazu braucht man nun noch eine Antenne für das 2m-Band. Diese kann man entweder nach etwas Recherche selber bauen, oder als Bausatz bzw. fertig bei Händlern für Amateurfunk-Zubehör kaufen. Bei vorhandenem Knowhow ist der Antennen-Selbstbau für unter 20,- Euro möglich, ansonsten wird man um die 100,- Euro für eine einfache Yagi-Antenne ausgeben müssen. Was man nun noch braucht habt Ihr alle, sonst könntet Ihr diesen Artikel nicht lesen, einen PC (ok, es soll auch Leute geben, die dieses Forum mit dem Smartphone besuchen, aber sogar für die gibt es entsprechende Sticks). Achja, die passende Software, ich habe HDSDR und die Zadic-Treiber genutzt, gibt es als Freeware im Netz.
Nun aber ein paar Fotos meines Aufbaus und das Beobachtungsergebnis:
Experimentalaufbau meiner Cubical-Quad Antenne aus Teilen der Restekiste, funktioniert schon sehr gut.
Ausbeute etwa einer Woche "Beobachtung", das kann sich doch sehen lassen.
Ein Bilderbuch-Signal. Bei entsprechender Einstellung der Empfängersoftware kann man den Meteor schön pfeifen hören, von hoher zu niedriger Frequenz hin, was an der sich verringernden Dopplerverschiebung bei der Abbremsung liegt.
Ein etwas unüblicher "Beifang", vermutlich Reflektionen von Elons Orbitalschrottflotte ;-).
Das Spektakel ging über mehrere Screenshots. Es müsste ein Überflug in der Gegend um Luxemburg / Belgien gewesen sein. Ich habe aber die Zeiten nicht nachkonntrolliert, es war am 5.1. gegen 14:11h. Vielleicht fühlt sich ja Jemand berufen, das mal nachzuprüfen.
Solangsam möcht ich nun zum Ende kommen, Ihr seid somit erlöst.
Es würde mich freuen, wenn ich mit diesem Bericht den Einen oder Anderen zum Nachmachen animieren konnte, denn "der nächste Meteostrom bei miesem Wetter kommt bestimmt" ;-)
Ein Herzlicher Dank für die Unterstützung bei der Realisation des Vorhabens geht an die "Gute Fee" dieses Forums.
Viele Grüße, CS und immer ein Signal ein paar dB über'm Rauschen,
Reinhard
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