... und vor allem ohne jeden praktischen Erfahrungshorizont.
Die Teile stehen noch in keinem Laden, kaum einer hat eines - was bei dem Preis für die rel. kleine Öffnung auch nicht arg wundert, und alles andere ist Mutmaßung und Erwartung, mal in die eine, mal in die andere Richtung.
Wenn die Teile endemisch geworden sind und man auf eine gewisse Palette an unabhängigem Feedback schauen kann wird es möglich werden, ein richtiges Fazit zu ziehen. Alles andere ist eine wenn auch etwas krude Werbekampagne für ein Gerät, über dessen Nutzen man durchaus streiten kann.
Ich kann mir auch durchaus vorstellen, dass sowas alt automatische Beobachtungsstation sehr nützlich sein kann, insbesondere weil es quasi vollautomatisch bestellte Beobachtungsaufgaben abarbeiten kann, auch für schulische Verwendung kann ich mir sowas durchaus vorstellen.
Wenn es um das Erlebnis des selbst anfertigens von Astrofotos geht, um den Weg, nicht um das Ziel, relativiert sich der Nutzen aus einem einfachen Grund - es braucht meinen Eingriff nicht mehr. Ich bestelle bei einem Roboter ein Ergebnis, er liefert es. Allenfalls eine Bildbearbeitung muss ich noch vornehmen, wenn mir die letztlich durch die Technik nicht ebenfalls abgenommen wird, da ich z.B. an kein RAW mehr komme.
Zudem gibt es die bekannten aus der Optik stammenden Limitierungen, die alle Technik der Welt nicht aufheben kann (Öffnung). Da das System all in one ist habe ich da zumindestens aktuell keine Möglichkeiten, eine Parametriesierung nach eigenen Vorstellungen vorzunehmen. (Wahl der Brennweite, der Öffnung, der Chiptechnologie und -größe)
Letztlich hat jedes Fernrohr seinen Himmel - die Weisheit ist ebenso richtig wie alt. Wir nutzen heute alle Techniken, die sich auf Technik stützen. Egal ob wir als Rechner das Smartphone, ein Tablet oder einen PC/MAC nutzen, auch hier vertrauen wir uns einer Technik an, die wir ins letzte nicht in ihrem Handeln bestimmen können.
Insofern hinkt der Vergleich wenn man anführt, mit konventioneller Technik geht das alles auch, klar, sogar als Paket, denn von Celestron, Meade und anderen gab es auch schon Systeme, teils mit weit größeren Optiken, die sich selbst orientieren und zumindestens Alt/Az auch allein Kalibrieren, selbsteinstellende parallaktische Montierungen gibt es auch und für die Alt/Az Montierungen Bildfeldderotatoren.
Die hier diskutierte Technik bietet das alles in einem an eine modernene Vermessungsmaschine erinnernden Gehäuse, mit einer relativ kleinen Optik und einer in sich geschlossenen Technik, das ist für mich erstmal das Besondere. Nicht mehr und nicht weniger. Revolutionäre und nur damit erreichbare Features sehe ich zunächst nicht, nichts was das System leistet ist nicht auch anders zu erreichen.
Was mich letztlich interessiert - wertfrei - wie ich betone:
- bietet das Handling gerade für Anwendungen, bei denen es auf Effizienz angeht wie z.B. im Lehrbetrieb vorteile, da der Aufwand bei der Anwendung sinkt und das Risiko der Fehlbedienung reduziert wird;
- sind die Ergebnisse mit denen konventioneller Teleskope mindestens gleichwertig, bekomme ich "echte" Daten aus dem System oder wie bei meiner Digitalkamera bearbeitete Daten auf deren Aufbereitung ich keinen Einfluss habe (Frage nach der wissenschaftlichen Verwendbarkeit);
- gibt es ein Obsoleszenzmanagement so dass ich vergleichbar mit einem klassischen Teleskop obsolet werdende Technik ersetzen und so das Gesamtsystem in Betrieb halten kann, ohne, wieder der Vergleich mit Digitalkameras, nach drei Jahren vom Hersteller zu hören, dass der Support schon ausgelaufen ist;
- kann ich konzeptionell durch ggf. späteren Tausch von Komponenten das Gerät meinen Anforderungen anpassen, z.B. weil sich der Schwerpunkt meiner Interresse verlagert hat und ich meinetwegen Spektren aufnehmen möchte, was mich bei einem konventionellen Setup auch den Spektrografen kostet, den ich aber an das Teleskop anschließen kann, da ich Zugang zum Fokus habe. Hier müßte es dann ein Modul geben dass die Bildgebungseinheit meinetwegen durch einen Spektrografen ersetzt, was ich generell für möglich halte.
- ist das System eher wie seinerzeit die z.B. Questar-Maks zum Besitzen (=Luxusartikel) oder zum Benutzen gedacht, d.h. wie hartleibig erweist sich das System im praktischen Einsatz. Gerade eine Technik die sehr stark auf die Nutzung von außen mittels technischer Hilfsmittel setzt und sich dem Einblick verschließt bietet das Risiko, dass sich neben dem technischen Gehäuse, dass keinen Blick nach innen zuläßt, ein eher emotionaler Nimbus darum bildet, der gegebenenfalls den Blick auf die tatsächliche technische Qualität der Komponenten verstellt.
Wenn man das anhand der Technik, publizierter Ergebnisse und eigener Anschauung beantworten kann wird man auch ein qualifiziertes Fazit abgeben können. Vorher ist das alles eher ein Stochern im Nebel mit wenigen als Indizien anzusehenden Einzelergebnissen, von deren Zustandekommen man sich nicht überzeugen kann, der Rest ist Erwartung und Mutmaßung, die hier mit einer Leidenschaft und Empathie vorgetragen wird, dass einem Angst werden kann.
In diesem Sinne, nichts für ungut,
Jörg