Hallo!
Ich habe da ein bisschen Ahnung.
Im All, ausserhalb des Raumschiffs, hat es üblicherweise drei Wärme-"Quellen", alle ausschliesslich durch Strahlung.
Das sind:
- Die Sonne. Mit fast 6000K sehr heiss, aber sie "füllt" nur einen Kreis von einem halben Grad Durchmesser am Himmel aus. Oder weniger, beim Mars.
- Der Planet bei dem man gerade ist. Der hat... Raumtemperatur plus-minus. Genauer, Erde etwas unter null Celsius, Mars noch weniger, Mond variabel je nachdem ob man über der beleuchteten (+100°C) oder der unbeleuchteten (-100°C) Seite ist. Zahlen grob, bin jetzt zu faul das genau rauszusuchen. Der Planet belegt, wenn man sehr nahe dran ist (niedriger Orbit), nahezu die Hälfte des "Himmels" (der im All ja auch den Teil unter den Füssen umfasst).
- Das "tiefe All". Das hat mit knapp drei Kelvin die Temperatur des Urknall-Hintergrunds und ist folglich extrem kalt. Es belegt den Rest des Himmels der nicht von 1) und 2) belegt wird. Also nahe an einem Planeten die Hälfte und fern davon nahezu alles ausser dem kleinen Fleckchen namens Sonne. Da 3K extrem wenig ist, kann man hier die Strahlungsleistung problemlos gleich null setzten.
Strahlungsleistung wird mit dem
Stefan-Boltzmann Gesetz berechnet:
P = σ·A·T⁴
mit
P... Leistung (Watt)
σ = 5.67·10⁻⁸ W/(m²K)... Stefan-Boltzmann Konstante
A... abstrahlende Oberfläche (m²)
T... Temperatur dieser Oberfläche (Kelvin)
Dabei wird ein Emissionsgrad von 1 angenommen. Ist der anders, kommt er als Faktor mit in die Gleichung.
Wichtig: Im Gegensatz zu anderen Temperatur/Wärmeflussgesetzen ist hier die Temperatur nicht linear sondern in der
vierten Potenz. D.h. die Strahlung steigt mit der Temperatur enorm an.
Die Temperatur die sich einstellt kann man jetzt über das Strahlungs
gleichgewicht berechnen, d.h. Power die reinkommt ist gleich Power die abgeht. Die Oberfläche lässt man weg, dann rechnet es sich mit Watt pro Quadratmeter (spezifische Strahlungsleistung).
Was
reinkommt ist dann die spezifische Strahlungsleistung von der Sonne,
multipliziert mit dem Sichtfaktor. Das ist der Anteil, den die Sonnenscheibe am gesamten Himmel einnimmt. Genauer, am gesamten
vom untersuchten Bauteil aus sichtbaren Himmel, also meistens ein 180° Himmel (Hemisphäre). In Erdnähe ist der Wert um die 1360 W/m² für senkrechte Einstrahlung. Wenn das Teil im Schatten liegt ist der Solarstrahlungsanteil null. Dazu addiert man die spezifische Strahlungsleistung vom Planeten mit seiner Temperatur, auch anteilig seiner Sichtbarkeit vom Bauteil aus. Das All kann man wegen seiner tiefen Temperatur weglassen.
Was
rausgeht an Power ist, wenn die Temperatur sich nicht ändert,
GLEICH!!
D.h. man kann dann die S-B-Gleichung für das Bauteil nach der Temperatur auflösen und voilà, man hat sie.
Das Raumschiff selbst produziert auch Wärme die irgendwo hin will. Das kommt von den Aggregaten und von der Besatzung.
Auf der Aussenseite des Raumschiffs haben wir also zwei Strahlungsquellen, die Kabine und die Tanks. Erstere um die 300K (wenn keine Wärmedämmschicht vorhanden ist), letztere um die 100K.
Um die Treibstoffe kalt zu halten, muss man sie als allererstes von der Mannschaftskabine trennen, sprich da eine ordentliche Schicht Wärmedämmung einbauen. Das sollte kein Problem sein. Die Strahlung der Sonne kann man im Prinzip durch einen "Sonnenschirm" fernhalten. Allerdings erwärmt sich dieser Sonnenschirm auch und verwandelt sich dann selber in eine Strahlungsquelle. Das lässt sich reduzieren, indem die sonnenzugewandte Seite hochreflektiv ist und/oder die raumschiffzugewandte Seite wenig emittiert. Letzteres (wichtig!) nicht so sehr im sichtbaren Teil des Spektrums, sondern im tiefen Infrarot, da wo eben das Strahlungsmaximum eines Körpers mit der Temperatur liegt die der Sonnenschirm auf der raumschiffzugewandten Seite erreicht (für z.B. 100K bei knapp 30µm, siehe
Wien'sches Verschiebungsgesetz). Dafür gibt es dieses
MLI Material, aber ich weiss nicht ob das bis zu so tiefen Temperaturen noch brauchbar funktioniert, aber ich denke schon. Eine gut reflektierende Aussenseite hilft auf jeden Fall schon eine ganze Menge.
Eine weitere Möglichkeit wäre, während dem Flug die Tanks von der Sonne wegzudrehen. Dann bräuchte zwar die Mannschaftskabine ein Sonnenschild, aber wegen der höheren Temperatur da ist das einfacher.
Soll heissen, solange man weit weg ist von einem Planeten, dürfte es nicht schwierig sein, die tiefe Temperatur zu halten. Das ganze steht und fällt mit der Möglichkeit, die Sonneneinstrahlung abzublocken. Umgekehrt kann man aber auch, wenn es zu kalt wird, ein bisschen Sonne dran lassen. Schwieriger wird es in Planetenumlaufbahnen, weil da nur noch die Hälfte des Himmels zur Kühlung zur Verfügung steht, und die andere Hälfte einem fleissig einheizt.
Für die Kühlung der Kabine dürfte ein Radiator nötig werden, um die im Innern erzeugte Wärme loszuwerden, zumindest in Planetennähe. Wie bei der ISS zeigt so ein Radiator grundsätzlich immer weg von der Sonne (90°, d.h. Kante Richtung Sonne) und wenn möglich auch wenig in Richtung Planet.
Oder so.
Die Ausgangsfrage, ob damit genug Druck für Lageregelungstriebwerke zur Verfügung steht, ist aber noch nicht beantwortet. Wieviel Druck überhaupt gebraucht wird, hängt von der Menge des Ullage Gases ab das man dafür ver(sch)wenden will.
Höherer Druck = weniger Verbrauch, niedriger Druck = mehr Verbrauch.
Es würde mich nicht wundern, wenn es auch mit wenig Druck gehen würde, denn die Tanks sind im Vergleich zur Masse des Starships wirklich riesig.
Gruss
Thorsten
Disclaimer: Ich habe mir das ganze gerade so aus den Fingern gesaugt. Ungenauigkeiten oder Fehler sind nicht auszuschliessen. Vereinfachungen sind auf jeden Fall jede Menge enthalten.